Das Bistum Essen bietet seinen Mitarbeitern Schulungen in Konzeptentwicklung an. Teilnehmen können alle Mitarbeiter, so dass ein fruchtbarer Austausch verschiedener Berufsfelder entsteht. Konzeptentwicklung hilft pastoralen Mitarbeitern, gewohnte Abläufe zu hinterfragen und neu zu ordnen. In Gesprächen zwischen den Lerneinheiten werden Eindrücke und Erfahrungen in formlosen Gesprächen ausgetauscht. Dabei haben sich für mich 3 Aspekte herausgeschält, die die kulturelle Distanz zwischen Konzeptentwicklung und Pastoralplan sichtbar machen. In meinen Ausführungen beziehe ich mich auf eine fiktive Pfarrei, die die Problematik verdeutlichen soll. Ich äußere hier meine Meinung.
Budgetierung der Arbeitszeit
Bei der Projektskizze und in den Vorplanungen muss die Zeit budgetiert werden, die einzelne Teilnehmer, auch Teamleiter, dafür aufwenden werden. Wie budgetiert man pastorale Arbeit?
Ein Mitglied der fiktiven Pfarrei äußert in der Abschlußrunde des Pfarreientwicklungsprozesses, man wisse überhaupt nicht, was pastorale Mitarbeiter den ganzen Tag machten. Hätten wir unsere Arbeitszeit budgetiert, hätten wir ihm sofort antworten können. Aber wie macht man das?
In der Regel gibt es Aufgabenbeschreibungen. Sie werden einmal im Jahr in Mitarbeitergesprächen abgestimmt. Der Pfarrer ist der Vorgesetzte. Der Pfarrer ist Personalchef, Verwaltungschef, Seelsorger und auch sonst alles und außerdem mitten im Umstrukturierungsprozess. Er muss als Person und als Amtsträger bewahren und erneuern. Er hat nur 24 Stunden am Tag. Er tut, was er kann. Er kann nicht jeder Mode nachlaufen und wird vermutlich nicht begeistert sein, wenn ich ihm vorschlage, dass wir mal im Team gemeinsam unsere Arbeit in Budgetform darstellen. Einen Versuch ist es wert.
Der Öffentlichkeit sind wir pastoralen Mitarbeiter eine Antwort schuldig.
Auftraggeber
In einer Pfarrei ist naturgemäß der Pfarrer der Auftraggeber. In der Pastoral ist es aber so, dass kein pastoraler Mitarbieter seine Arbeit allein auf die Pfarrei beschränkt. Der Pfarrer weiß, dass seine Mitarbeiter im Sinne des barmherzigen Samariters auch schonmal am Wegesrand stehenbleiben. Er vertraut seinen Mitarbeitern und überprüft darum nicht jeden Schritt. Aber das Ergebnis schmeckt ihm nicht immer. Der Pfarrer trägt die Verantwortung, aber fachlich ist sein Mitarbeiter kompetenter als er. Trotzdem muss er ihm Einhalt gebieten. Er muss auf Überforderung reagieren, aber seine eigene Überforderung kann innerhalb des Pastoralteams nicht thematisiert werden. Er selber ist wiederum einem anderen "Auftraggeber" zugeordnet.
Die Begriffe der Projektentwicklung lassen sich nicht auf Begriffe der Pastoral übertragen. Es bleiben Unschärfen und Unverträglichkeiten. Wenn das, was in der einschlägigen Literatur vertieft und gelehrt wird, in der Pastoral umgesetzt werden soll, muss jeder im Pastoralteam die Eckpunkte verstanden haben. Aber wer weiß schon, was smarte Ziele sind?
Ein Pfarrer, der die Werkzeuge der Projektentwicklung kennenlernt, kann diese für sein Team nutzbar machen (sowohl für Ehren- als auch für Hauptamtliche).
Transparenz
Mit einer Projektskizze werden Abläufe, Ziele, Beteiligungen und Kosten eines Projektes transparent. Das ist nicht immer im Sinne ... öm ... dessen, was wir in einer Pfarrei gewohnt sind. Wer sich nicht auf dem Feld der Projektentwicklung bewegt, wird nicht verstehen, warum er nicht wie bisher auf kurzem Wege mit dem Pfarrer eine Sache verhandelt. (Beispiel: Wir brauchen neue Stühle im Pfarrsaal. -> Wir haben eine Angebot. Kaufen! -> Wir haben ein Projekt "Pfarrsaalgestaltung". Laßt uns erst mal gucken, was da bereits beraten worden ist.)
Wieviel gibt eine Gemeindereferentin eigentlich für ihre Arbeit aus? Was kostet sie die Verwaltung? Bis jetzt sind wir gewohnt, unsere Rechnung auf den Tisch des Pfarrbüros zu legen. Manchmal gibt es Rückfragen. Manchmal wird entschieden, dass für "diese Sache" nichts mehr ausgegeben wird. Wenn es für "diese Sache" aber eine Planung gibt mit Zeit und Geld und Personal und Absprachen und Klärungen und Öffentlichkeitsarbeit, ist das Budget (s. Budget) nachvollziehbar. Das bedeutet für mich viel Arbeit im Vorfeld und mehr Klarheit im Vorgang.
Ehrenamt und Hauptamt
Im Bistum Essen wird vom neuen Ehrenamt gesprochen. Es ist nicht mehr so, dass der Pfarrer sonntags von der Kanzel herab erklärt, was zu tun ist. Viel geschieht in einer Gemeinde, ohne dass das Pastoralteam davon wüsste. Nicht alles ist messbar. Nicht alles ist kontrollierbar.
Hauptamtliche werden mit den Mitteln der Personalentwicklung vom Arbeitgeber begleitet und gefördert. Der Auftrageber/Pfarrer weiß dadrum. Er weiß, wie sein Team in der Pastoral tätig sein kann, weiß aber auch, welche Aufgaben grad liegenbleiben oder nur mit halber Kraft getan werden können.
Ehrenamtliche sind ein weites Feld, weil es so viele Menschen gibt. Es gibt viel mehr potentielle Ehrenamtliche in einer Gemeinde, als unsere Schulweisheit sich träumen läßt, aber sie lassen sich nicht mehr rekrutieren. Das finde ich spannend und freu mich, dass wir im Bistum Essen mit der Rede vom neuen Ehrenamt dies im Blick haben. Wie genau Ehrenamtliche und Hauptamtliche mit den Mitteln der Projektentwicklung arbeiten können, kann nur verhandelt werden, wenn allen Beteiligten klar ist, was damit gemeint ist.
Super, danke fürs Teilen!
Maria Herrmann, Apr 07 2017 on twitter.com