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Palmsonntag 2017 - eine unhaltbare Predigt

"Die Gemeinde will das so." Einer der dümmlichsten Sätze unserer Pastoral. Er entstammt einem klugen Satz: "Die Gemeinde versammelt sich am Sonntag zur Heiligen Messe." Das ist, wie es sein soll. Es versammelt sich aber nicht die ganze Gemeinde an einem einzigen Ort. Darüber gäbe es viel nachzudenken.

Wir schleppen manches Allgemeingut mit uns herum. Beispielsweise höre ich immer wieder von Eltern, dass sie bestimmte Dinge für ihre Kinder kaufen, damit sie keine Außenseiter seien. Sie selbst seien nicht dafür, aber so sei es nunmal. Alle machen es so.

Im Kommunionkinderunterricht in den 60igern hörte ich, dass die gleichen Menschen, die Jesus mit Hosianna begrüßten später "Kreuzige ihn!" riefen. Das ist mir dermaßen in die Glieder gefahren, dass ich seitdem kein Hosianna mehr singen kann, ohne daran zu denken. Die Menschenmenge ist ein gefährliches Ding. Sie jubeln und freuen sich und dann lynchen sie. Sie können nichts dafür und waren nur dabei. Der Einzelne als Teil der Masse. Zugehörigkeit und Unverantwortlichkeit. Ein Christ kann sich in der Menge nicht verstecken. Gott sieht mich auch in der Menge. Aber es ist nicht die Angst vor einem strafenden Gott, die mir im Erstkommunionunterricht vermittelt wurde, sondern die Selbstbestimmung. Zu einer Zeit, als das Bejammern der grasierenden Individualisierung die Weiterentwicklung und Veränderung christlicher Gemeinden zu hemmen begann, lehrte man uns, dass Jesus uns liebt. Kein dummer Spruch. Als Kind habe ich verstanden und bis heute behalten, dass Gott mich vorraussetzungslos liebt. Dass ich diese Liebe erwidern soll, habe ich später im Studium erfahren. Wenn die Botschaft glaubwürdig ist, muss man sie nicht bis in die Staubecken ausdeuten. Ich hätte das Studium der Religionspädagogik nicht begonnen, wenn Gott mich nicht lieben würde und ich dies nicht erführe. Gottes Liebe ist ein Grund zum Jubeln.

Geliebt zu werden macht uns stark - zu lieben macht uns mutig, sagt Laotse

Alle standen sie da und begrüßten Jesus bei seinem Einzug in Jerusalem. Großes Hallo! In der Martinskirche ging das Evangelium, wie viele der langen Texte, an den Zuhörern vorbei. Viele Zusammenhänge und die ganze Dramatik ist fremd. Da muss zu viel erklärt werden, als dass man zum Eigentlichen kommen könnte. Nur Eines wurde gehört:

Die Heilige Woche

Darüber wollten manche hinterher und am nächsten Tag mehr wissen.

  • Wirklich eine ganze Woche?
  • Was passiert da?
  • Wo finden Gottesdienste statt?
  • Kann ich da auch hin?

Aber Menschen mit Behinderung können leider, leider oft nicht an unseren Gottesdiensten teilnehmen. Der Plegedienst hat ein Zeitfenster, das zu den außergwöhnlichen Zeiten nicht paßt. Der Fahrdienst fährt nach 22 Uhr nicht mehr. Die Mitarbeiter auf den Wohngruppen sind leider zur Zeit schlecht besetzt. Die Gemeinde (s.o.) ist mit diesem Problem überfordert. So bleibt abzuwarten, wer in dieser Heiligen Woche die Liturgie mitfeiern wird, die mit ihrer Bildsprachen und der Passion auf Ostern hinführt. Die Auferstehung fanden viele Zuhörer in der Martinskirche unmöglich. Wer stirbt, ist tot. Dass dieser Jesus Menschen auferwecken kann, fanden sie fragwürdig und wollten Erklärungen. Auf diese Weise begann vor 2000 Jahren die junge Kirche. Man gab das Wort vom Evangelium weiter, teilte Brot, sorgte für Kranke und Witwen. Was tun wir heute? 2017. Was ist wirklich dran? Und wie machen wir es am besten?

In dieser Heiligen Woche, die heute beginnt, ist kein Raum für Konzeptentwicklung. Jetzt ist die Zet der Aufmerksamkeit und der Gemeinschaft. Die Passion steht im Mittelpunkt. Wie schön wäre es, wenn alle, die wirklich daran interessiert sind, Wege und Wegbegleiter finden würden.