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Christophorus denkt nach

Was wird aus mir?

Als ich jung war, hässlich wie ein Hund, wollte ich meine Kräfte dem Besten andienen. Man ließ mich außen vor, aber vor meiner Energie hatte man Angst.

Der Erste, dem ich diente, war der König. Ein eleganter Mann mit vielen Freunden. Nur fürchtete er sich vor dem Teufel. Da wandte ich mich dem Teufel zu. Der aber scheute vor einem Wegekreuz. Wie lächerlich!

Ab da wurde es kompliziert

Gott zu finden ist nicht so einfach. Alles andere war ein Kinderspiel. Zupacken, aufräumen, in Schweiß geraten. Das Leben ist eine Herausforderung. Man löst die Aufgaben und gewinnt Anerkennung. Aber mit diesem Jesus war es nicht so einfach. Was soll ich da mit meiner Kraft?

Eine Entscheidung

Ich half den Menschen über den Fluss. Den konnte niemand ohne Hilfe überqueren. Aber ich konnte jeden samt Gepäck rübertragen. Ich suchte also nicht nach Gott, sondern wartete auf Gott. Du fragst dich vielleicht, wie ich auf diese Idee kam. Es konnte mir halt niemand sagen, wo Gott ist. Da blieb ich stehen. Einatmen. Ausatmen. Informationen sammeln. Ich versuchte zu verstehen. Während ich also wartete, erledigte ich eine Aufgabe, die ich gut erledigen konnte. Die Menschen konnten sich auf mich verlassen.

Meine Geschichte ist ja bekannt

Eines Tages kam Gott und wollte über den Fluß getragen werden. Da machte ich eine erschütternde Erfahrung: Mit meiner unendlichen, überbordenden Kraft konnte ich gar nichts bewirken.

Bis zu dem Zeitpunkt war es ja meine Kraft, die ich gegen meine Hässlichkeit setzen konnte. Aber nun hatte ich gar nichts mehr. Als ich den gefunden hatte, nach dem ich bewegungslos suchte, gab es nichts mehr, dass ich ihr hätte anbieten können. „Ich kann dir dienen. Ich bin stark.“ Das wollte ich sagen. Was nun?

Gott sah mich an. Ich sah, dass Gott mich gar nicht hässlich fand. Und so sagte ich: „Gut, dass du mich endlich gefunden hast.“

Aber was nun aus mir wird, das weiß ich wirklich nicht.

 

Weihnachtspredigt 2023

Ist Ihnen eigentlich schonmal aufgefallen, dass die Engel nicht im Gottesdienst ihr "Fürchtet euch nicht" gerufen haben. Es ist Zeit, sich darauf zu focussieren (zu besinnen). In rheingauromantischer Manier treten die Engel bei den Hirten auf und begleiten Magier, von denen niemand weiß, woher und warum sie unterwegs sind. Schauen wir uns das genauer an.

Bei den Schafen

Die Hirten und Hirtinnen der heutigen Zeit stehen hinter der Brötchentheke. Oder wo würden Sie diese Menschen vermuten, die wie wild arbeiten, aufmerksam sein müssen, für andere arbeiten, schlecht bezahlt werden und ihre Gesundheit aufs Spiel setzen? Wie viele einsame Menschen werden in diesen Tagen in einer Bahnhofsbäckerei frühstücken? Da werden Brötchen geschmiert und Tabletts bestückt und geduldig die Bestellungen entgegengenommen (auch wenn dem Kunden noch nicht so recht klar sein mag, was er eigentlich will).

Aus der Ferne

Die Waisen, die von Irgendwo kommen (aus dem Morgenland), vermute ich unter den Geflüchteten, die ihre Fahrt planten und bezahlten, weil sie das Heil fern ihrer Heimat vermuten. Sie sind sich sicher, dass fern ihrer Heimat alles besser ist. Was finden sie hier? Die Enttäuschung muss für viele Geflüchtete groß sein. Sie bringen ihre Kompetenzen mit. Sie bringen viel Wissen aus dem Morgenland mit, auch viel Erfahrungen. Da wundert es nicht, dass sie geduldig sein können. Sie ordnen das, was sie hier erleben, in ihr Weltwissen ein. Warum lassen wir sie nicht in gut bezahlten Berufen arbeiten? Lasst sie doch mal zeigen, was sie können. Wir haben es nötig, dass uns geholfen wird. Überall fehlen Fachkräfte.

Wie im Evangelium bleibt auch für uns Vieles offen. Niemand sagt uns, was wir tun sollen. Nur wie wir es tun sollen, das wissen wir:

Hingabe

Mit der Hingabe einer Verkäuferin in einer Bäckerei, die dem Kunden in die Augen blickt, seine Bestellung entschlüsselt und in Gebäck umsetzt, die Bargeld und Kartenzahlung handhaben kann und den Gast noch wichtige Hinweise für sein Frühstück gibt (Servietten, Milch und Zucker), die den Toilettenschlüssel verwaltet und dem Wohnungslosen ein Brötchen zusteckt (das sowieso aussortiert worden wär). Sie hat den Überblick, sie gibt alles. Ihr wird heute Nacht ein Engel erscheinen. Darum bete ich. Der Engel wird sagen: "Fürchte dich nicht!" und sie wird es glauben können.

Unruhe

Mit der Unruhe der Waisen aus dem Morgenland, die sich mit ihrem Wissen nicht zufrieden geben. Sie wollen es genau wissen. Weite Wege und ungewisse Zeiten. Nichts kann sie aufhalten. Sie kehren schließlich wieder zurück in ihr Land (ihre Länder?). Was aus ihnen gerworden ist, wissen wir nicht. Es spielt auch keine Rolle. Für die Weihnachtsbotschaft spielt es überhaupt keine Rolle, wer woher kommt und ob ihm gesellschaftliche Anerkennung zuteil wird. Machen Sie sich darüber nicht zu viele Sorgen. Schauen Sie lieber, wohin ihre Sehnsucht Sie lenkt und ob das was taugt oder ob es Zeit wird, die Richtung zu wechseln. Wie viel Enttäuschung wird es unterm Weihnachtsbaum wieder geben? Nur die Geschenke taugen was, die im Himmel landen. Aber dazu ist es nicht zu spät. Vielleicht merken Sie auch grade, dass genau das in dem Schwung Ihrer Geschenke passiert, in dem, was Sie auf den Weg gebracht haben und was heute Abend im Gedenken an das Kind in der Krippe (Schulterzucken) ausgepackt werden wird. Geschenke, die den König der Welt würdigen. Wir werden sehen.

Weihnachtswunsch

Hirten und Hirtinnen, Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, Busfahrer und Busfahrerinnen, ... viele Menschen haben in dieser Nacht eine Chance auf eine würdige Feier der Heiligen Nacht, weil sie nah am Geschehen sind.

Das wünsche ich auch Ihnen. Seien Sie nah am Geschehen. Lassen Sie sich nicht in einen Erwartungsdruck zwängen. Bleiben Sie bei sich und erwarten Sie alles.

Frohe Weihnachten!

 

Buchtipp: Glaube in der digitalen Wende

Glaube in der digitalen Wende

Heausgegeben von Kai G. Sander

Neue Perspektiven für Christsein, Kirche und Spiritualität

Unter Mitarbeit von Anja Fecke, Urs von Wulfen und Angela Reinders

Ist nicht schon alles gesagt ?

Urs von Wulfen und Anja Fecke haben je eine ausgezeichnete Masterarbeit geschrieben, die durch dieses Buch an eine breitere Öffentlichkeit gelangt.

Wie es für wissenschaftliche Arbeiten üblich ist, definieren sie Begriffe und sichten das Feld. Ich würde sagen, die Lektüre lohnt sich, weil Digitalität noch immer nicht fassbar ist und sich doch ereignet.

Die Playlist und das Direktorium für Katechese

Im zweiten Abschnitt ihres Beitrag schreibt Angela Reinders:

Das Abspielinstrument für die Playlist ist das Kapitel "Katechese und digitale Kultur" im Direktorium für die Katechese aus dem Jahr 2020.

Wer wissend nickt, muss nicht mehr weiter lesen. Alle anderen haben was zu kauen, denn hier werden Kirche und Digitalität zueinander gebracht.

Der Abschnitt mit der Bezeichnung #372 beginnt so:

Zwei Jünger gingen von Jerusalem in ein Dorf namens Klönstedt.

Das ist nicht banal, aber es zeigt die Grenzen einer Transformation von Theologie in den Spaßbereich der ernst gemeinten virtuellen Welt auf.

Die Emmausgeschichte

Die Emmausgeschichte hat es auch Urs von Wulfen angetan.

Laut dem Bibelwissenschaftler Francois Bovon deutet das Vokabular und der literarische Stil der Emmauserzählung daraufhin, dass der Evangelist Lukas die Geschichte aus älteren Geschichten und/oder mündlichen Überlieferungen übernommen und umgearbeitet hat.

S. 76 ebendort

Klingt nach Internet, wo ja auch kopiert und neu geformt wird. Das war also schon früher kein Problem. Aber was ist echt? Kann uns das Lehramt da Sicherheit bieten?

Es wird erklärt und hingewiesen, zitiert und neu formuliert. Dann stellt sich unausweichlich die Frage, ob es echte Begegnung ohne Leiblichkeit überhaupt geben kann. Das alte Problem, das Hauptargument der Gegner der Digitalität, dem nimmt er sich ab S. 105 an.

Hashtags

Die Einen können es, die anderen kennen es nicht mal. Auch die Hashtags sind eine Bruchstelle zwischen den in der Digitalität Bewanderten und den Gegnern des Internets. Anja Fecke findet Worte für Barrierfreiheit und Inklusion. Sie zitiert und weist hin, gibt Hinweise auf weiterführende Literatur und streift sogar das Thema "digitale Güter". Hier kommt das Buch an Grenzen. Man möge den gelegten Fährten eigenständig folgen.

Übrigens, liebe Anja, auch Open-Source-Betriebssysteme müssen upgedatet werden, aber sie unterliegen nicht dem unseligen Kommerzialisierungswahn. Danke dir für die auch dort gelegten Fährten. In einer Fußnote auf Seite 168 erwähnst du, katholisch.de sei kein Medium der DBK. Auch dem widerspreche ich mit einem Link https://www.apg-online.de/#Digitalmarke . Manches ist kompliziert, auch wenn es leicht klickbar ist.

Die Postulate zum Weiterdenken ab S. 205 (es sind insgesamt 13) enthalten alles, was der im Digitalen beheimatete Mensch sich wünscht. Fangen wir mit 1 an:

In den digitalen Medien kommunizieren nicht Institutionen, sondern Menschen. Daher muss die Kirche mutig sein, neue Erzählformen auszuprobieren und auf Gesichter und Stimmen, kurz auf Persönlichkeiten in den Sozialen Medien zu setzen.

Wir können es gut mit Influencern. Da gefällt mir Postulat 3 besser:

Die katholische Kirche ist aufgefordert, auf Augenhöhe mit den Menschen zu kommunizieren.

Nunja, auch die Kirche besteht aus Menschen. Dieses nervtötende Gegenüber aus Wir und die Menschen lösen wir im Digitalen auf. Das Versprechen des Internets. Noch nicht eingelöst, weil erst die IT-ler und dann erst die Anwender zum Zuge kommen. Nun können die Googles, Apples und Microsofts und wie sie alle heißen, mit den Glücksversprechen der IT-ler die Anwender zur Kasse bitten. Aber, wie Anja Fecke schon schrieb: Es gäbe Auswege aus dem Dilemma, wenn wir sie nur gingen. Guckst du Open source. Ist nicht auch das Evangelium Open Source?

Glücklicherweise sind die Postulate kurz erläutert. Mir erscheinen sie wie perfekte Vorlagen für die Gremienarbeit in unseren Pfarreien.

 

Der Andere macht mein Leben jung

Ein Mensch, der noch nicht weiß, dass ich ihm helfen werde, verlässt seine Wohnung voll Sorge. Er hat immer Probleme mit den Fahrscheinen für den öffentlichen Personennahverkehr. Dann steht er an diesem Automaten, hat eigentlich alles gut verstanden, aber das Ding will sein Kleingeld nicht nehmen.

Dieser Mensch spricht unsere Sprache kaum. Ob er ein Fremder ist, weiß ich nicht. Es kann viele Gründe geben, eine Sprache nicht zu sprechen. Er sieht sich suchend um und unsere Blicke treffen sich. Ich gehe auf ihn zu. Er hebt die Hand mit seinen Münzen, geht zum Automaten, macht dabei ein trauriges Gesicht. Ich verstehe. Er drückt die Münze an den Münzschlitz. Wir probieren es gemeinsam. Es klappt nicht. Dann sehe ich, dass man hier nur mit Karte bezahlen kann. Ich nehme meine Karte und ziehe sein Ticket. Er ist erleichtert. Dankbar sieht er mich an. Es ist ihm wichtig, dass ich das Geld von ihm nehme. Aber ja, das nehme ich. Wir nicken uns lächelnd zu und gehen auseinander. Da sagt er: "Danke."

Als ich heute morgen das Haus verließ, hatte ich keine Lust auf diesen Tag.

 

Wittener Heimatlied

Und dann fand ich noch einen Zeitungsausschitt, ohne Datum und Quelle:

Witten, Sehnsucht meiner Träume,
wie bist du an Schönheit reich,
auf der Bredde wachsen Bäume
und auch auf dem Bürgersteig.
Kappus wächst auf deinen Plätzen,
Häuser wechseln mit der Flur.
O, wie bist du hoch zu schätzen,
schönes Witten an der Ruhr!

So wie dein Stationsgebäude
sah ich keins, mein Leben lang,
und der Urquell jeder Freude
ist der Bahnübergang.
Deines Gussstahlwerkes linder
Odem weht durch die Natur,
glücklich sind doch deine Kinder,
schönes Witten an der Ruhr!

Doch nicht nur die Oberfläche
ist dein Rum und deine Zier,
hochberühmt ist deine Zeche,
ist "Franziska" unter dir.
Sinkt der Boden unter 'n Füßen,
zeigt das Haus des Risses Spur,
dann lässt dich "Franziska" grüßen,
schönes Witten an der Ruhr!

Auch an Sonn- und Feiertagen
ist 's in Witten gar zu nett,
denn nach Dortmund, Bochum, Hagen
löst man ein Retourbillett.
Abends kehren die Soliden,
eh noch zwölfe schlägt die Uhr,
wiederum in deinen Frieden,
schönes Witten an der Ruhr!

Auf den Straßen pflegt 's bisweilen
ungemütlich zu sein,
hergelauf'ne Kerle keilen
sich des Nachts den Schädel ein.
Alles Böse, alles Schlechte
kommt von auswärts zu dir nur,
denn in dir gibt 's nur Gerechte,
schönes Witten an der Ruhr!

Sollt ich einstmal von dir scheiden,
wie ertrüg ich solchen Schmerz?
Müsst' ich deine Mauern meiden,
brechen würde mir das Herz.
Eins nur möchte ich erreichen,
dass, wenn abläuft meine Uhr,
in dir meine Knochen bleichen,
schönes Witten an der Ruhr.

Laut dem Zeitungsausriss von einem Unbekannten Dichter, um 1900

 

Vereinsversammlung 2022 im Christine-Bourbeck-Haus in Lutherstadt Wittenberg

Vereinsversammlung 2022 im Christine-Bourbeck-Haus in Lutherstadt Wittenberg

Einmal im Jahr beginnt alles mit Happing Hacking und an einem Ort mit Freiraum und beeindruckender Kultur. Diesmal blicken wir von unseren Laptops aus auf die Schloßkirche Wittenberg. Muss ich mehr sagen?

Das png zeigt einen niedlichen sitzenden Pinguin (wir hacken im Sitzen) mit Heiligenschein. Die Grafik ist rund, weil wir sie als Vorlage für Aufkleber nutzen. Am Rand steht: " www.LUKi.org Linux User im Bereich der Kirchen ".

 

2010 Das Jahr, in dem der "Nationale Tag des Versagens" eingeführt wurde - thisisFINLAND

Humor. Und Ehrlichkeit. Und: ich muss mich für nichts entschuldigen, was ich bin, weiß aber, dass ich Fehler mache. An diesem Tag, dem 13. Oktober, können wir uns daran erinnern, dass das Versagen dazugehört. Einfach mal zugeben:

Ja, ich hab es verbockt.

Das geht natürlich nur, wenn die Kultur und die Menschen um uns gerecht und menschenfreundlich sind. Wer in einer Umgebung leben muss, die nur auf ein Zeichen der Schwäche wartet, um dann brutal zuschlagen zu können, wird kaum zur Beichte fähig sein.

Einmal im Jahr daran erinnern, dass wir sterblich sind, schwach, und alles Kaputte Teil eines Großen-Ganzen ist, das wir lieben, das unseres ist, das wir nicht verteufeln, das könnte helfen, menschenwürdig miteinander zu leben.

 

Die Macht der sich selbst erfüllenden Rede

An der Haltestelle wartet eine ältere Dame mit Hackenporsche an den geöffneten Türen eines Gelenkbusses. Sie ist unschlüssig. Die Abfahrt wird erst in 15 Minuten sein. Zwei Busfahrer sind vorne mit irgendwas beschäftigt. Da steigt einer von ihnen mit seinem Pausenbrot gut gelaunt aus und verkündet: "Für einen Kaffe lassen wir Sie jetzt schon rein." Die alte Dame und ich gehen darauf ein. Wir beraten, wo es hier Kaffee gibt und wie wir den holen. Dann sind wir auch schon zu viert im Gespräch. Der mit dem Pausenbrot besteht dadrauf, dass Deutschland am Ende ist, weil keiner mehr grüßt. Der ohne Pausenbrot kommt lächelnd angeschlurft. Auch die alte Frau will die Dinge so schwarz nicht sehen. "Nach dem Krieg", sagt sie, "hat jeder gesehen, dass er was für sich hatte. Diese Nachkriegs-Romantik habe ich nicht erlebt." Sie erzählt von ihrer Familie und der Redefluss des Pausenbrot-Mannes ist gebrochen. Sein Kolleg mischt sich ein. Auch er kennt "sonne und sonne". Der Pausenbrot-Typ versucht es nochmal mit seinen Erfahrungen im Ausland, wo schon die Kinder beim Ein- und Aussteigen grüßen und beim Aussteigen sogar danke sagen. Man sieht den Gesichter der anderen an, dass sie eigene Erfahrungen beisteuern könnten. Es ist nicht alles schlecht - weder hier noch anderswo. Wir sprechen es nicht aus, aber auch ein junger Mann, der zögernd in die offene Tür tritt, scheint nachdenklich, als er sein Smartphone in die Tasche steckt.

Wir alle grüßen und lächeln beim Auststeigen. Der junge Mann fragt die alte Dame mit dem Hackenporsche, ob er ihr helfen kann als sie aussteigt. Sie schafft es auch so.

Ich denke, dass es gut ist, den Elephanten im Raum anzusprechen. Noch besser ist es, wenn die, die lebendig sind, die Mehrheit im Raum bilden. Ehrlich gesagt, habe ich keine Lust, in einem vermüllten Deutschland zu leben. Es ist schon alles schlimm genug. Aber das, was leuchtet, kann ruhig bewundert und genossen werden. Die Psychologie teilt uns in massenhaften Heften in der Bahnhofsbuchhandlung mit, dass der Mensch aus guten Gründen sensibler auf Bedrohliches reagiert. Er weiß halt aus Erfahrung, dass es ums Überleben geht. Entspannen kann ich mich immer noch, denkt der Mensch, der aus seiner Haut nicht kann. Und am Ende des Tages denkt er in der Haut des Pausenbrot-Mannes, was das wieder für ein Scheißtag gewesen ist, und in der Haut der älteren Dame mit dem Hackenporsche denkt der Mensch mit den uralten Reflexen und dem gut entwickelten Gehirn, dass es sich wieder gelohnt hat, vor die Tür zu gehen, weil es trotz wackeliger Beine Sonderangebote und freundliche Menschen gibt. Denn unser Reptiliengehirn lehrt uns das Flüchten und Kämpfen, aber alles, was unser Gehirn seitdem an neuen Arealen entwickelt hat, hilft uns, die Welt zu verstehen und zu gestalten.

Mach watt draus

 

Immer noch entsetzt von Frankfurt

Ausgangspunkt

Der Bahnhof.

2,5 Stunden Zeit.

Das mache ich gerne so: flanieren.

Diesmal Frankfurt

Alles voller Menschen. Viel Gedränge und Geschubse. Da sind wir im Ruhrgebiet achtsamer im Umgang miteinander. So wie in Frankfurt habe ich das noch nie in einer europäischen Großstadt erlebt. Die Einen wirken oberflächlich, die Anderen verzweifelt. Herrgott, wie viel monsterartige Gestalten durch die Welt laufen. Unglaublich. Und wie hilflos ein Mensch dabei sein kann. Dieser Dreck. Dieser ständige Lärm.

Den Blick zum Himmel, gegen die wuchtigen Hochäuser, in denen das Geld wohnt, habe ich direkt als wohltuend empfungen. Wenn nur das gewesen wäre, wäre es halt ein Teil Frankfurts.

Liebfrauenkirche

Da ist der Citypoint der katholischen Kirche.

Menschen kommen in den Hof und zünden Teelichter an einer Marienfigur an. Viele verschiedene Menschen. Aber sie sehen einander nicht an. Sie sehen sogar weg, wenn mal Bllickkontakt entsteht.

Man kann beichten und man kann ein Seelsorgegespräch bekommen.

Katharinenkirche

Eine aufmerksame Wächterin spricht Menschen an. Sie kann sogar verschiedene Sprachen. Es gibt eine Plakatwandausstellung der Diakonie über eine Bauwagensiedlung.

Kleine Markthalle

Wohl mittlerweile eher für Toristen gedacht. In einem Kellerraum grölen und streiten Besoffene. Ansonsten ein Markt in einer Halle. An den Wänden der öffentlichen Toilette (für Männer und Frauen) sind gut lesbare Ausdrucke geklebt: Die Toilettenbenutzung kostet nichts. Eine Clofrau in Maske und Handschuhen putzt und putzt und putzt und lädt die Menschen in die Kabinen ein. Die Toiletten werden ständig genutzt. Ich gebe ihr das Trinkgeld in die Hand.

In der Nähe des Goethehauses

Ein Platz mit Bäumen, Restaurants und Cafés, Menschen in der Sonne an Tischen. Ich nehme Platz. Aber auch da das gleiche Gehetze und die gleichen frustrierten Gesichter. Die Bedienung ist der einizige lächelnde Mensch (aber nur, wenn sie jemanden ansieht).

Café Utopia hinter dem Goethehaus. Plüschsofas drinnen, Gartenambiente draußen. Ein geschützter Raum, den man betreten muss, da geht man nicht mal eben vorbei. Theateratmosphäre.

Möglicherweise

Ob ich am Römer war, werde ich gefragt, als ich meiner Schwester von meinen Erfahrungen erzähle.

Meine Schwester hat eine Geschichte mit Frankfurt. Sie war oft dort, hat Menschen getroffen, Veranstaltungen besucht und Erinnerungen. Das mag etwas anderes sein.

Von einer Stippvisite nach Frankfurt rate ich dringend ab. Es ist ein Ausflüg in die Hölle.

 

 

2 Memes aus meiner beruflichen Startphase

In den 80igern hatten wir Gemeindereferentinnen im Bistum Essen in der Regel einen Mentor, der selber Geistlicher war. Der meinige hatte 2 Grundhaltungen für unsere gemeinsame Wirkmächtigkeit der Pastoral:

1. Damals und Heute: alles gleich

Er pflegte darauf hinzuweisen, dass in seinen beruflichen Anfängen sein Pfarrer ausgesprochen rüde mit ihm umging. So trafen sie sich zu Hausbesuchen, um je von einem Ende der Straße zu beginnen. Sie trafen sich im 1. Haus, das sein Pfarrer zu besuchen hatte, der vergnügt bei Kaffee und Kuchen (und Schnaps) saß, während mein Mentor die gesamte Straße abgegrast hatte.

Der Gipfel der Ungerechtigkeit bestand allerdings in der Aufsässigkeit der Kapläne, die nun ihm als gestandenem Pfarrer auf der Nase rumtanzten, statt, wie es doch hätte sein müssen, in Respekt vor seiner Würde allen Anweisungen Folge leisten sollten ohne Widerspruch.

Heute kann ich diese Beobachtung prinzipiell bestätigen. Denn in meinen beruflichen Anfängen besuchten wir jungen Hüpfer Fortbildungen und engagierten uns wie wild, während die Altvorderen im Weg standen und alles besser wussten. Dementsprechend gebärden sich die jungen Berufskollegen und -kolleginnen ziemlich altklug und hochnäsig, sind zu keinen Kompromissen bereit und meinen, mit ihnen begänne die neue Zeit.

2. Das Volk ist nicht mehr homogen

Mein Mentor ließ sich gerne über die Zeiten als Krankenhausseelsorger aus, in denen er mit einer Hostienschale auf den Stationen auftauchte, der berockte Messdiener eifrig bimmelte und nun die Kommunionausteilung von Bett zu Bett beginnen konnte. Das waren noch Zeiten. Wenn er zum Ende seiner Laufbahn in die Klinik gerufen wurde, musste er erst mit dem Kommunikanten klären, welcher Religion er angehört und wie er es gerne hätte (Mundkommunion? Hatte er bereits gebetet? Erwartet er eine Katechese? Was ist mit den Bettnachbarn?).

Das nicht mehr homogene Volk ist individualistisch. Dabei darf es das gar nicht. Die Deutungshoheit für den Glauben liegt beim Priester. (Ich zitiere ja bloß.)

Wenn heute ein Priester in der Heiligen Messe predigt, kann er sich nicht sicher sein, ob er verstanden wird. Die da vor ihm sitzen, sind gelangweilt, schalten auf Durchzug oder haben eine Art geistliche Bingotafel im Sinn, die er abarbeiten muss, wenn er bestehen will.

Wie geht 's weiter ?

Culture eats strategy for breakfast

Peter Drucker

Mit Gottvertrauen geht es weiter. Unabhängig von allen Themen werden diese beiden Aspekte bis in alle Ewigkeit bleiben:

1. Wir werden am Ende unserer beruflichen Laufbahn genau das erfahren, was uns bereits zu Beginn widerfuhr.

2. Erst arbeiten wir uns in die Materie ein, dann stellen wir fest, dass unsere Fähig- und Fertigkeiten nicht mehr taugen (was auch egal ist, weil wir dann ja am Ende unserer beruflichen Laufbahn sein werden).

Aber es wird auch immer so sein, dass Menschen nachwachsen. Die Welt ist voll engagierter junger Menschen. Sie haben Ideen und sehen alles aus ihrer Perspektive, mit ihren Erfahrungen und mit dem, was wir Älteren ihnen bieten. Sie sehen Dinge, die wir nicht sehen. Es geht immer weiter. Ein bisschen von dem fiesen Druck, der auf uns allen lastet, können wir nehmen. Gemeinsame Pläne bringen Klarheit in objektiv beschriebene Abläufe, die von Subjekten mit Leben gefüllt werden. Ich frage mich, wem ich vertrauen kann. Denn ich weiß nicht alles und kann darum wichtige Entscheidung in meinem Leben und in meinem Beruf nur mit Hilfe anderer Menschen treffen. Zumindest mein Christsein ist eine feste Größe. Alles andere ist offen und verhandelbar. Gewachsene Strukturen und Beziehungen wollen gepflegt werden oder gehören gekappt. Wer kann das entscheiden? Noch fragen wir so. Mir wäre es lieber, wir könnten gemeinsam entscheiden. Aber dazu bedarf es natürlich einer Struktur (die wiederum mit Kultur belebt wird und nie 1:1 umgesetzt werden kann).

Es ist kurz vor Pfingsten.