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Psalm 119, die Digitalisierung und das Christsein

das Gesetz

Seit Beginn des Jahres beschäftige ich mich mit Psalm 119. Den ersten Abschnitt kann ich fast auswendig. Das ist gar nicht so einfach, weil er auf den ersten Blick meinem Freiheitsdrang widerspricht und auf den zweiten Blick auch noch um das Thema Gesetz kreist. Aber das Meditieren des Abschnittes A hat mich dem Verständnis des Gesetzes näher gebracht. Das Gesetz kommt von Gott. Es hilft dem Menschen, der es befolgt. Was genau das Gesetz ist, muss ich noch ergründen. Auch will ich hier gar nicht weiter auf Inhalte eingehen, aber ermutigen möchte ich schon, es selbst einmal mit diesem Psalm zu versuchen.

die Ordnung

Der erste Abschnitt (die Abschnitte bestehen aus 8 Versen und die sind nach dem hebräischen Alphabet benannt; ich nenne den ersten Abschnitt der Lesbarkeit halber A) bricht in meine derzeitige berufliche Situation, in der ich einerseits Forderungen genügen muss und andererseits die "Zeugnisse" (ein Begriff in Vers 2 des Psalmes) vermitteln soll. Das Vermitteln fällt schwer, wenn ich dauernd danach gucken muss, ob ich allen Erwartungen gerecht werde. Der Psalm fordert von mir, nach den Befehlen des Gesetzes zu gehen. Dieses Gehen ist wichtig und die Befehle sind wichtig. Gott hat seine Befehle gegeben, damit man sie genau beachtet (wieder ein Zitat aus dem Psalm).

das Aneignen

Verschiedene Übertragungen des Psalms in unsere Sprache helfen mir, dem Sinn der Worte näher zu kommen. Das Gesetz wird zu einer Erleichterung für mein Leben. Die Weisungen kommen von Gott. Ich gehe täglich meine Wege in dem Bewusstsein, dass Gott mit mir geht. Ich gehe nicht gerne, wenn mir etwas befohlen wird, von dem ich nicht erkennen kann, wie es mit dem Gesetz (von dem ich noch nicht sicher bin, was es genau in Worten besagt; es ist das Gesetz von Gott, eine Weisung für meinen Weg) zusammenhängt. Man erwartet von mir dies und das und ist enttäuscht, wenn ich nicht spure. Aber ich setze mich hin und versuche ruhig zu werden. Ich will Gottes Stimme hören und verstehen, was die Weisung besagt.

Wohin soll ich gehen?

Werde ich es schaffen?

Ist das hier jetzt der Weg, den Gott meinte?

das Umkehren

Ich bin selbstkritisch. Es soll kein Weg sein, der mich zu einem Frömmler macht. Aber geistlich soll mein Leben sein. Es reicht mir nicht, mein berufliches Handeln konzeptionell begründen zu können. Das haben wir gelernt, das können wir. Ich finde auf alles eine Antwort. Aber wenn es nicht von Gott kommt, ist es ungut.

Manches scheint notwendig: Der sonntägliche Kirchgang, das Beten, das Freundlich-Sein, die Werke der Barmherzigkeit, das Erfüllen von Pflicht.

Manches scheint fragwürdig: Die sozialen Medien, die Digitalisierung, der Zölibat, das Machtgefälle.

In dieser vorösterlichen Bußzeit will ich versuchen, die Befehle Gottes zu verstehen und sicher auf den Wegen zu gehen, die dem Gesetz Gottes entsprechen.

 

"Mach mal langsam" und eine Empfehlung für den Psalm 119

Ohne Geld geht gar nichts. Und ohne Macht auch nicht. Sagen manche. Sie sind sehr überzeugt. Letztens saß ich noch mit einem alten Bekannten am Tisch, der mittlerweile einen eigenen Betrieb hat und etliche Freelancer beschäftigt, die von unbekannten Orten aus ihre Arbeit machen. Er ist begeistert. Manche von ihnen verdienen 1000 € am Tag. Wir reden. Es ist kaum möglich, die anderen Buzzwörter einzubringen, ohne wie ein Spielverderber da zu stehen. Was ist mit dem Weltklima, wenn diese Freelancer in der Weltgeschichte herumreisen nur weil sie es können? Was ist mit den Abgehängten und den Flüchtlingen? Was ist mit Gesundheit und Ernährung? Wo wird es hin führen, wenn wir diese Lebensweise zum Maß unserer Karrieren machen?

Angestellte

Mein Arbeitgeber macht grad eine heftige Umstrukturierung mit. Die wäre kaum möglich, wenn der Laden nicht vor die Wand gefahren wäre und sich ständig tiefer rein bohrte. Aber der Laden ist schon nicht mehr das, als was er gilt. Ich bin nur Angestellte. Aber die Leitungsetage sagt:

Machen Sie uns Vorschläge, unterbreiten Sie Ihre Ideen, wir sind bereit, Risiken einzugehen.

Es bleibt das Tagesgeschäft, das darin besteht, sich tiefer in Misere zu bohren. Beispielsweise wenn es uns nicht gelingt, den Anschein von Dienstleistern abzulegen. Es ist eine Herausforderung, dass Christen im Beruf nicht bessere Christen sind als Laien. Wir Berufstätigen sind nicht besser in der Sache als alle anderen. Aber wir stecken zur Zeit sehr in diesen Strukturen, die uns einen Ort zuweisen und dementsprechend Dinge von uns erwarten, die wir im Grunde nicht leisten können oder die jeder andere Mensch leisten könnte oder die Christen generell leisten können. Es scheinen diese Strukturen so selbstverständlich richtig, dass wir uns kaum vorstellen können, dass christliche Ideale darin Platz haben.

Von Zeit zu Zeit wechseln wir unsere Arbeitsplätze, weil wir mit dem KnowHow und den Erfahrungen im Hintergrund an anderen Arbeitsplätzen mehr bewirken können. Dann sind wir die neuen Besen.

Ich werde nie viel Geld verdienen und brauche das auch gar nicht. Meine Ziele sind mit meinem Glauben an Gott verknüpft und dieser ist mit meinem Arbeitgeber verknüpft. Darum habe ich Zeit. Und ich habe Geduld. Geduld darf nicht mit Gleichgültigkeit verwechselt werden. Ich lerne und lese. Uns fehlt in unserem Betrieb noch das Neue. Uns fehlen die Einflüsse der agilen Arbeit, des modernen Arbeitsmarktes und der neuen, neu gestalteten Prozesse. Ein leuchtendes Beispiel dafür ist die Caritas im Bistum Essen, die mit ihrer Direktorin neue Wege beschreitet.

Focussieren

Mein Blick ist auf ein Ziel gerichtet. Ich gehöre zu den Kollegen und Kolleginnen, die sich für Inklusion (Menschen mit Behinderung) und Digitalisierung engagieren. Wir nutzen moderne Technik und sind nicht einer Meinung. Wir treffen uns auf Tagungen und am Telefon.

Wir beten gemeinsam. Seltener in der Kirche einer Gemeinde, weil die sich immer noch in die Wand bohrt. Ich bin lieber in Formaten, die wir ebenso wie unsere "Kundschaft" mit technischen Mitteln bedienen können. Es ist ein Prozess. Vieles ist in Veränderung. Wir machen Fehler. Seit wir im Bistum Essen den Zukunftsbildprozess beschreiten, dürfen wir ganz offiziell Fehler machen. Das bedeutet nicht, dass wir vor uns hin dilletieren. Es ist nicht so wie bei dem oben genannten Bekannten, der meint, man müsse etwas beginnen und wieder fallen lassen können. Mal hier mal da und schnell. Mit der Methode erreicht man was. Aber wir in der Kirche können das nicht. Wir sind mutiger, seit wir der Krise ins Auge sehen. Wir rütteln und wagen. Aber wir machen nicht schnell, weil unser Blick bei allen Menschen ist. Wir dürfen keinen verlieren.

Pastoral der flachen Hierarchien

Mein Focus ist auf die Menschen und deren Beziehungen in unserer Kirche gerichtet. Beispielsweise auf die alte Dame, die mit ihrem Smartphone Fotos während des Weltgebetstages macht. Sie hat ein Problem mit dem Licht und lässt mich auf den Bildschirm schauen. Ich probiere etwas aus und sie lernt dabi. Sie sagt, sie besuche einen Techniktreff für Senioren. So geht das. Menschen kommen mit ihrem Wissen. Die Einen sind Hausfrauen, die anderen sind Theologen, wieder andere sind alleinerziehende Mütter oder überforderte Karrieristen. Wir alle bilden eine Gemeinde. Das Apostolat der Laien, das im II. Vatikanischen Konzil angekündigt wurde, könnte so ein Wert werden. Arbeiten Sie nicht mehr dem Pastor zu. Arbeiten wir gemeinsam im Reich Gottes. Das klingt nach Machtverlust und der Gefahr, alles zu verlieren.

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https://www.caritas-essen.de/die-caritas-im-ruhrbistum/diecaritas

https://www.caritas.de/magazin/kampagne/sozial-braucht-digital

https://zukunftsbild.bistum-essen.de/

https://netzgemeinde-dazwischen.de/

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Psalm 119

Der ist der Längste der Psalmen im Buch der Psalmen. Ein Blogartikel auf Medium hat mich auf die Möglichkeit gewiesen, man könne diesen Psalm auswendig lernen. Also los. Der Blogartikel gibt sogar Hinweise auf eine gute Methode.

Bei mir hakte es bereits im ersten Abschnitt. Es geht doch sehr um das Gesetz. Gesetz, Gebot, Weisung.

https://praypsalms.org/psalm-119-in-2019-9931ac1a4c1d

Das brachte mich auf die Frage:

Wie lauten die 10 Gebote?

Es war ganz überraschend schön, sich die 10 Gebote vor Augen zu führen. Der Inhalt ist hilfreich. Es ist gar nicht bedrückend. Es ist eine Hilfe, eine Art Geländer, eine Möglichkeit, das eigene Leben zu überprüfen.

Exodus 20,2–17 und Deuteronomium 5,6–21

10 Gebote, die man ernst nehmen kann.
Was fällt mir daran schwer?
Manchmal ist ein Gebot sogar die Lösung für ein zwischenmenschliches Problem.

"Selig, deren Weg ohne Tadel ist,

die gehen nach der Weisung des Herrn."

So lautet der erste Vers in der Einheitsübersetzung. Da hörte die geschmeidige Lektüre auf. Kann ich das auswendig lernen? Kann so mein Psalm sein? Und *Spoiler* es geht in diesem Stil weiter. Ja, wenn mein Weg ohne Tadel wär, dann wäre Vieles besser. Aber kann sowas überhaupt sein? Zusammengenommen ist das Gehen nach der Weisung des Herrn schon ein guter Fokus. Aber was ist die Weisung? Sie beginnt mit dem Hinweis: "Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus dem Sklavenhaus Ägypten geführt hat." Und das ist der Clou. Wir sind befreit. Und darum ist es wichtig, sich die 10 Gebote immer wieder vor Augen zu führen. Das Gebot, das mir beim Erinnern nicht einfallen will, ist ein Hinweis auf eine Baustelle.

Es ist wunderbar, macht Spaß und tröstet.

 

Uploadfilter: Jetzt hilft nur noch Protest auf der Straße – netzpolitik.org

Die Sache mit den Uploadfiltern ist schwer zu erklären. Aber da müssen wir jetzt dran. Es ist eh schon schwierig genug, seine Meinung zu sagen oder etwas zu veröffentlichen. Kunst? Kultur? Kreativität? Muss ich mich jetzt rechtfertigen? Mit diesem Gesetz stehen wir unter dem Verdacht, aus dem Eigentum anderer Geld zu machen. Es ist aber komplizierter. Bisher konnten wir teilen, bearbeiten und lernen. Auch das wurde Schritt für Schritt erschwert. Anders als bei der DGSVO, die durch Lobbyarbeit den Makel eines Klotzes am Bein der Freiheit erhalten hat, aber tatsächlich die Global Datensauger in Schach hält, ist der Uploadfilter kein Schutz der Urheber, sondern der Konzerne, die Verträge mit Urhebern machen.

Das Internet soll ein freier Raum bleiben.

Wir müssen an Regeln und an deren Durchsetzung arbeiten, aber die sollen Leben schützen und Kreativität ermöglichen. Alles andere ist Hindernis.

 

Wenn Sie nichts verändern wollen, suchen Sie doch einfach die Schuldigen

Man macht mich verantwortlich. Die Neujahrsgrüße des Bischofs müssten eigentlich in gedruckter Form hinten in allen Kirchen unserer Pfarrei ausliegen, aber das ist nicht der Fall. Der Überbringer der Nachricht ist der Täter und gehört geköpft. Warum kann ich nicht einfach die Klappe halten? Warum muss ich unbedingt erzählen, dass es Broschüren gibt von diesem beeindruckenden Bischofswort? In einer unserer Kirchen wurde es von dem verantwortlichen Priester so vorgelesen, dass es in seinen Duktus passt. Die gedruckten Expemplare waren nicht da, sonst hätte man was zum Vergleichen gehabt. In einer anderen Kirche wurde es so langweilig vorgelesen, dass alle es zu lang fanden. In einer weiteren Kirche wurde es anständig und aktivierend verlesen, leider waren die gedruckten Exemplare nicht da. Und so weiter und so fort.

Wen auch immer sie fragen, ob man noch an das Neujahrswort des Bischofs kommt, sie bekommen immer eine voraussehbare Antwort:

  • Keine Ahnung, wo man die bekommt.
  • Ich bin nicht verantwortlich.
  • Wieso? Liegen hinten keine mehr?

Ich gehe sowieso allen Gremienmitgliedern mit meiner penetranten Art auf die Nerven. Aber unser Bischof hatte nunmal ganz deutlich gegen Machtmissbrauch geredet. Also muss ich die missliche Lage der unerreichbaren gedruckten Broschüren ansprechen. Böse Blicke. Was soll 's.

Eine Frau kommt auf dem Kirchplatz auf mich zugerauscht. Ob ich ihr so ein Bischofswort aus dem Internet ausdrucken könnte. Sie erklärt ausführlich, wem sie alles von dem Bischofswort erzählt hat und wer alles und warum so eines braucht. Sie erzählt, dass sie privat (das ist das Wort, das sie gebrauchte) mit ihrer Familie und Freunden darüber spricht. Sie hat Kontakt zu Menschen in einem anderem Bistum, in dem diese Menschen gehört haben, dass sie sich mehr anstrengen müssen und dass die Kirchen nur erhalten bleiben, wenn alle sich Mühe geben. Das sei etwas ganz anderes, sagt die Frau, als unser Bischof uns sagt. Darum säßen sie beieinander und reden darüber. Privat.

Der Geist weht Gott sei Dank wo er will.

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https://www.erzbistum-paderborn.de/38-Nachrichten/24320,Gro%DFes-Echo-auf-den-Brief-von-Erzbischof-B...

https://www.bistum-essen.de/presse/artikel/bischof-overbeck-wir-stehen-vor-einer-kirchlichen-zeitenw...

https://www.bistum-essen.de/presse/artikel/bischof-overbeck-wirbt-fuer-neue-haltung-gegenueber-homos...

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Ein Neujahrsgruß ist ein Wort von Gewicht, wenn es länger in den Köpfen der Menschen bleibt als bis zum Leeren des Sektglases. Bischof Dr. Overbeck hat in seinem Bischofswort einige Fässer markiert, die ernsthat in diesem Jahr angestochen werden. Der Presseartikel zum Thema Homosexualität läßt darauf schließen. Der ist nur ein Merkmal. Alles andere kommt ja noch. Work In Progress. Hörende, die zu Tätern werden, weil sie sich ermutigt fühlen. Hörende, die nicht zuerst danach fragen, ob der Pastor es denn richtig finden wird, sondern dem Klang der Botschaft in ihren eigenen Herzen nachgehen und nicht anders können, als darüber zu sprechen. Gott sei Dank.

Und wer hat nun Schuld, dass die Broschüren nicht in die Kirchen verteilt waren? Die Gesellschaft? Das System? blahblahblah Während die einen ihren Sitzungskatholizismus pflegen, gehen die anderen ganz privat zur Sache und fühlen sich nicht exkommuniziert. Die einen betrauern einen morschen Kahn, die anderen bauen ein seetüchtiges Boot. Die einen machen alles richtig und nie irgendwelche Fehler, weil sie immer rechtzeitig die Schuldigen finden. Die anderen verstehen das Problem nicht, zucken mit den Schultern und wenden sich wieder dem eigentlichen Thema zu.

 

Seite 5 - Reportage: Die Benediktinerinnen der Abtei St. Hildegard

Die FAZ mit einem alternativen Fakt (die Äbtissin sieht ganz anders aus). Ansonsten alles richtig (Frauenpower im Kloster).

 

ein paar Tage Berlin

Mit dem Zug nach Berlin. Weggefahren bin ich dann auch mit einem Zug, aber es war der Flixzug. Das Unternehmen hatte hatte das Startup Locomore übernehmen und macht offenbar da weiter, wo diese geendet sind: alte Waggons, mit Branding oder ohne (es gab sogar einen Waggon im Locomore-Style), innen sauber aber alt, Steckdosen und WLan funktionierten leider nicht, aber im Waggon ganz am Anfang gab es einen Kiosk mit Bio-Angeboten (ich saß im letzten Waggon). Mit mir saßen viele Menschen mit Migrationserfahrung und viele Akademiker im Zug.

In Berlin wohne ich immer im Hotel Grenzfall und es war wie immer perfekt.

Mein erster Eindruck in Berlin:

Hier sind ja kaum Bettler

Im Ruhrgebiet wird man auf den Fußgängerzonen und am Bahnhof ständig angebeldet, mal aggressiv, mal entsetzlich verwahrlost und demütigend. Aber dann betrat ich die U-Bahn. In den 4 Tagen in Berlin gab es nicht eine Fahrt, die nicht mit Musik oder Gesprächen im Rahmen von Bettelei vergingen. Das ist ein interessantes Konzept.

Man betritt die U-Bahn. Sucht sich einen Sitzplatz. Hängt seinen Gedanken nach oder spricht mit jemandem. Dann betritt jemand den Wagen und fängt an auf einem Instrument zu spielen. Derselbe Mensch läuft anschließend von Sitzplatz zu Sitzplatz und hält die Hand auf. Mancher Bettler ist penetrant, will nicht weitergehen, schaut einen auffordernd an. Es stimmt ja auch: Jeder weiß, dass es Bettlern schlecht geht. Kaum ist der Bettler weg, kommt schon der nächste. Noch so eine Masche: Jemand betritt den Waggon und beginnt mit einer Rede. Er spricht  die Fahrgäste direkt an, erzählt seine Geschichte oder das, was er für seine Geschichte hält. Eine Frau verkauft Zeitungen. Ich kaufe eine. Das Erscheinungsdatum liegt ein halbes Jahr zurück. Man kann nicht U-Bahn fahren, ohne angebettelt zu werden. Die Zugänge sind  lang und voll mehr oder wenig guter Musik. Es ist nicht möglich, dieses wunderbare und praktische U-Bahn-Netz zu nutzen, auch das S-Bahn-Netz nicht, ohne dass man ins Grübeln kommt. Ich kann nicht ständig Geld geben. Wieviel Geld soll ich geben? Was ist mit dem, dem ich Geld gebe? Kann ihm geholfen werden? Was würde ihm helfen? Dieses Betteln im Netz des ÖPNV ist ein zielführendes Konzept, wenn man an Geld kommen will. Aber man kommt auch nur an Geld, sonst an Nichts. Es ist traurig. Deprimierend.

Kreuzberg, sagte Raul Krauthausen, sei gar nicht so gefährlich, wie immer behauptet wird. Wir hatten eine nettes Abendessen im kleinen Kreis in einem netten mexikanischen Restaurant. Kaum aus der Tür raus, begegneten uns wieder diese abgrundtief traurigen Menschen, rat- und hoffnungslos, wie gesprenkelt unter die, die es geschafft haben und immer ein bisschen ablehnend wirken, als hätten sie Angst vor etwas.

Es gibt übrigens Buchhandlungen in Berlin. Buchändler sind ja die Bauern der modernen Zeit. Sie wissen, was ich meine. Nur in Berlin findet man tatsächlich (ich warte auf Widerspruch; es freut mich, immer wieder Buchhandlungen zu finden) diese mit Liebe und Kenntnis geführten Läden wie das Ocelot. Dort konnte ich endlich Der Umfall aus dem Avant-Verlag kaufen, auf das ich vergeblich in meinem Büro gewartet hatte, weil der Hermesversand die Tür nicht gefunden hat. Diese Grafic Novel ist empfehlenswert, wenn man nicht alles glaubt. Es handelt sich um ein Auftragswerk aus Anlaß eines Jubiläums einer Einrichtung für Menschen mit Lernbehinderung. Es ist sehr gut und unterhaltsam gezeichnet. Die Geschichte selber ist in kleine thematische Abschnitte eingeteilt. Aber ganz so glatt wie erzählt geht die Eingewöhnung eines Lernbehinderten in eine stationäre Wohneinrichtung eben nicht.

Vor dem Kultrad bin ich eigentlich nur wegen der Bierflaschen in der Auslage stehengeblieben. Dann stachen mir der Klappradluxus ins Aufe. Was soll ich sagen? Es war nett. Wie kann es sein, dass so ein exklisiver Laden auf so schlichte Weise in einer unauffälligen Straße existieren kann? Vermutlich, weil die Website eine ordentliche Reichweite hat. Mit uns waren Menschen aus Sachsen im Laden, die ihre Vorbestellung abholten.

Es hat die meiste Zeit geregnet. Es war nicht schön draußen und die U-Bahn ist auch nicht immer schön. Es gab eine Stellwerkstörung im zentralen Bereich. Stunden unter der Erde und als Fremdling hat man beim Umsteigen was zu tun mit Sucherei. So stieg ich auch mal in die Fahrradrikscha [Dirk Maretzki, 01702664843]. Eine empfehlenswerte Alternative zum Taxi in der Innenstadt. Man wird einfach am stehenden Verkehr vorbeigefahren. hähähä

Während des Redesigns (ich zitiere bloß) der Hedwigskathedrale werden die Gottesdienste nach Sankt Joseph ausgelagert. Dazu liegen Faltblätter aus mit einer Anfahrtsbeschreibung: 6 Stationen mit der U6. In der Stadt sind Pfarreientwicklungsprozesse dank Öffentlichem Personennahverkehr einfacher. Die im Faltblatt angegebenen Webadressen helfen nicht weiter. Aber wer braucht das Internet, wenn es so ein Faltblatt gibt?

 

 

November von innen

November von innen

Der Tee ist frisch und duftet. Draußen ist es im Verlauf der Woche kälter geworden. Erst liefen wir noch im T-Shirt rum, dann deckte der Nebel alles zu. Das war im Rheingau. Jetzt bin ich wieder im Ruhrgebiet. Drinnen ist wärmer als draußen. Kraniche rufen uns was zu, aber wir verstehen es nicht richtig. Sicher war es etwas wie: "Macht s gut. Wir kommen nächstes Jahr wieder."

 

Bienen auf Åland

Es ist das gleiche Geräusch, dass ich aus Audios per Audacity entferne. Viele dieser ungewöhnlich hohen Bäume (Insellage) brummen im Sommer. Man kann ruhig näher ran gehen. Die Bienen sind beschäftigt. Alles was Blüten hat, wird von Bienen besucht.

Es ist nur ein Ausschnitt, den Sie hier hören.

Stellen Sie sich vor, Sie gehen durch den Wald und auf einmal hören Sie dieses Geräusch. Es ist fremd und unheimlich, weiles offenbar nicht in den Wald gehört. Sie denken vielleicht, dass ein Parkplatz in der Nähe sein muss oder eine Hütte. Und dann entdecken Sie die Quelle. Es ist ein Baum voller Bienen.

 

Wo ist mein Zuhause ?

An einem fremden Laptop, ohne meine Favoriten den Browser geöffnet und gemerkt

Welche Adresse will ich öffnen ?

Am heimischen Laptop sind sofort die relevanten Reiter offen und werden von links nach rechts besucht. Aber jetzt fehlen mir die Passwörter für einige Accounts. Ähnlich geht es mir beim

Betriebssystem

Am Einfachsten ist es mit Ubuntu, aber richtig froh bin ich damit nicht. Ein paar Jahre nehme ich dieses oder jenes aus der breiten Palette von Linux. Nirgends bleibe ich lange. Zuerst war es die Lust am Neuen. Jetzt ist es die Sehnsucht nach etwas, das Bestand hat.

Nachdem ich meinen Kalender im Hotel auf Aland (mit Kreis auf dem ersten A) liegengelassen habe, beginne ich die Nutzung eines Kalenders auf meinem Smartphone. Der liegt in einer Cloud.

Auch daran muss ich arbeiten. Tatsächlich ist das Smartphone ein interessantes Werkzeug. Ich traue ihm noch nicht so ganz. Allerdings kann ich meinen Kalender nicht verlieren, wenn er in der Cloud ist.

Wir nehmen, was wir brauchen

Die Alten nutzen Telefon und Fernsehen, Zeitung und Handy, Post und den Tratsch auf dem Markt. Heute erzählte mir eine alte Dame ganz begeistert, ihr Handy habe auch eine Kamerafunktion. Wir tauschten uns über Nutzen und Unsinn moderner Technik aus. Sie ist auf einen Gehstock angwiesen und hat für weitere Wege ein Gerät, dass sie Scooter nennt. Es ist ein Scooter. Sie benennt die Dinge, wie sie heißen. Sie hat kein Problem damit. Sie ist in den 90igern. Ich rechne ein bisschen und ahne, was sie alles an Veränderungen miterlebt hat. Sie gehört zu denen, die das Leben leben. Sie sehnt sich nicht zurück in eine vermeintlich heile Welt.

Wir nehmen, was wir brauchen. Das bedeutet nicht, dass wir horten und Geschäfte machen. Wir brauchen einfach nur das, was wir brauchen. Horten müssen wir nicht mehr, weil wir wissen, dass wir bekommen, was wir brauchen. Es liest sich wie ein Utopie. Aber die alte Dame sieht das Leben so. Man muss nicht alles haben, um es nutzen zu können. Dieser Scooter beispielsweise gehört der Krankenkasse. Das ist auch gar nicht schlimm. Die Wohnung gehört ihr ja auch nicht, die hat sie nur gemietet.

Mit der Cloud ist sie nicht einverstanden. Es müsste was geben, was alle nutzen können und wo man trotzdem nicht beklaut wird, sagt sie. Und ich antworte, aus solchen Ideen entstünden neue Programme. So entwickelt sich alles weiter. Sie nickt. Ich muss an die vielen Flüchtlinge denken. Und ich denke, sie sollten bekommen, was sie brauchen, und wir sollten ihnen geben, was sie brauchen, wenn wir es haben. Wir können teilen. Insbesondere unsere Lebenserfahrung können wir teilen. Nur nehmen, was man braucht. Nur haben, was man braucht. Keine Angst haben müssen, dass man zu kurz kommt. Aber das kann man zwar erzählen und leben, verordnen und in Gesetze packen kann man es nicht.

Heute ging es im Sonntagsevangelium wieder um das Brot und die Menschen, die Jesus suchen, weil er Brot vermehren kann. Er klärt das Missverständnis auf. Aber damit ist es noch nicht klar. Wie soll man das verstehen? Essen muss jeder. Leider sind wir zu dick - im Durchschnitt. Denn das Essen ist die schnellste Möglichkeit der Selbstbefriedigung. Alles andere gibt der Sehnsucht Konturen und führt über unbekannte Wege irgendwohin, wo nie ein Mensch zuvor gewesen ist.

 

Mein erstes Aland

Wie bekomme ich nur diesen Kreis auf das A? Stellen Sie sich bitte immer einen Kreis auf dem A vor, wenn Sie Aland lesen in diesem Artikel. Es ist diese Inselgruppe zwischen Finnland und Schweden, die in Finnland einen Sonderstatus hat und auf der man schwedisch spricht. Sie bezahlen in € und bekommen Briefmarken, die nur auf Aland gelten. Weil ich mich nicht gut vorbereitet hatte, fand der Urlaub nur auf der Hauptinsel statt. Fahrradfahren ist anstrengend wegen der Felsen, aus denen die Insel besteht. Es geht rauf und runter und im Juli 2018 knallte die Sonne erbarmungslos. Beim nächsten Mal werde ich mich über den Fährverkehr zwischen den Inseln erkundigen.

Hin kommt man von Grissleholm (Schweden) oder Turku (Finnland). Alles andere ist Spaß oder hat tieferliegende Gründe.

Eine Schöne Überraschung war das "Segel", mit dem das Fährschiff Grace angetrieben wurde: Norsepower. Wir haben Abende im Internet verbracht, um uns zu informieren. Wunderbar. Es gibt Erfingungen, die werden vergessen und dann von einem Startup wiederentdeckt und angewendet. Sehen Sie selbst.

Schwarzbrot gab es in unserer Unterkunft nicht. Dabei gehört dieses Schwarzbrot zu den Spezialitäten. So stand es im Reiseführer. Es gibt Apfelmost. Sehr lecker. Und es war so heiß, das die schlauen Rehe aus dem ausgedörrten Wald über die Absperrungen in die Gärten kamen, um die Blumen wegzufressen. Die Touristeninformation vor Ort haben wir als nicht sehr pfiffig erlebt. Manches Feine entdeckten wir anhand der POIs mit OSMand+. Diese Navgations-App kam zum Einsatz, weil Garmin Skandinavien nicht zu Zentraleuropa zählt (was irgendwie verständlich ist, wenn man an die Datenmenge denkt).

Sehenswert sind die alten Kirchen in ihrer Schlichtheit und Größe. Wuchtige und liebevoll gestaltete Gotteshäuser. Es gibt einen dicken Band mit Bildern und Erklärungen, der in allen Kirchen, die wir besucht haben, ausliegt. So kann man sich jeweils über Besonderheiten und den Stand der Forschung informieren. Die Kirchen sind wochentags geöffnet, wenn man in den Ferien zu Besuch kommt. Dann sitzt schon mal ein junger Bursche in der letzten Bank und liest seine Comics. Hauptsache, es ist jemand vor Ort. Die Tiekirkko (Wegkirche, vergleichbar mit unseren Autobahnkirchen, nur dass sie Gemeindekirchen sind) in Jomala war am Wochenende geschlossen.
Offensichtlich sehr alte Zeichnungen auf Putz konnte ich nur teilweise entschlüsseln. Sie wirken anrührend.