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Willow Creek Leitungskongress endet mit positivem Fazit

Hybels: »Der beste Kongress, den ich in 25 Jahren in Deutschland erlebt habe«

Fanpage-Image mit dem Wort Dortmund und den Orten, an die die Veranstaltung übertragen wurde.

Der Geschäftsführer von Willow Creek Deutschland, Karl-Heinz Zimmer, zeigte sich zum Abschluss des Leitungskongresses sehr zufrieden: »Auch nach mehr als zwei Jahrzehnten Willow Creek in Deutschland wächst die Arbeit weiter. Immer mehr Kirchengemeinden profitieren von den Impulsen, Ideen und Kontakten, die sie auf dem Leitungskongress bekommen. Das ist sehr wichtig – denn die Ortsgemeinde ist die Hoffnung der Welt.«

Willow-Creek-Gründer Billy Hybels ermutigte die Zuhörer in seinem Abschlussvortrag, mit einem klaren Vorhaben vom Kongress nach Hause zu fahren: »Ich werde das tun, wozu Gott mich auffordert – für den Rest meines Lebens.« Hybels betonte, wie wichtig es ist, die christliche Botschaft weiterzugeben: »Das größte Geschenk, das man Menschen machen kann ist, dass man ihnen den Gott vorstellt, der sie liebt! Sie werden für immer dafür dankbar sein.« Um dies zu tun, habe es auf der Konferenz wunderbare Impulse gegeben  – Hybels nannte die Veranstaltung in Dortmund den besten Kongress, den er in 25 Jahren in Deutschland erlebt habe.

Bereits am Freitag sprach der Schweizer Theologe Thomas Härry darüber, dass Leiter im Grunde nur eine einzige Person führen müssen – sich selbst. Nur wer sich selbst führe, könne auch andere Menschen führen. Zu einer guten Selbstführung gehört es für Härry, die eigenen Stärken, Ziele und Werte zu erkennen. Darüber hinaus sei es wichtig, Verantwortung für sich und für eigene Entscheidungen zu übernehmen und in der »Selbstfürsorge« darauf zu achten, dass »die Seele nicht austrocknet und der Glaube nicht flach wird«. Der Theologe gab Ratschläge, wie etwa Pfarrer und Teamleiter mit Konflikten umgehen können: Wichtig sei die Bereitschaft, andere Beiträge wohlwollend auszulegen und bereit zu sein, zuzuhören: »Ich bringe mich ein, als ob ich recht hätte – und ich höre zu, als ob ich falsch läge«, sei dabei eine gute Devise.

Der amerikanische Bestsellerautor John C. Maxwell nannte in seinem Vortrag drei Fragen, die Menschen an ihre Leiter hätten. Diese lauten: Liebst du mich? Kannst du mir helfen? Kann ich dir vertrauen? Gute Leiter würden sich jeden Tag ganz bewusst und konkret dazu entscheiden, andere Menschen zu bereichern – durch Unterstützung, Wertschätzung und Ermutigung. Dazu sei ein Umdenken nötig, da der Mensch von Natur aus selbstsüchtig sei.

Am Willow Creek Leitungskongress nahmen insgesamt 12.000 haupt- und ehrenamtliche Kirchenmitarbeiter teil, davon 10.000 in der Dortmunder Westfalenhalle und weitere 2.000 an den zugeschalteten Übertragungsorten. Vom 24. bis 26. Mai 2019 findet in Erfurt der Willow Creek Jugendplus-Kongress statt. Der nächste Leitungskongress ist für 27. bis 29. Februar 2020 in Karlsruhe geplant.

Willow Creek Deutschland will haupt- und ehrenamtliche Kirchenmitarbeiter durch Leitungs-, Jugendplus- und Kinderplus-Mitarbeiter-Kongresse für ihr Engagement in ihrer Kirche neu inspirieren und mobilisieren. Die Kongresse finden seit 1996 in großen Städten Deutschlands statt. Dadurch soll das Potenzial der Ortsgemeinde neu entdeckt und genutzt werden. Gemeinden sollen auf diese Weise in ihrem Umfeld immer umfassender zu Orten der Hoffnung werden. Ihren Ursprung hat die Organisation in der Willow Creek Community Church in South Barrington / Chicago, die mit etwa 24.000 Gottesdienstbesuchern zu den größten der USA gehört.

Pressmitteilung von WillowCreek

 

"Keine einfachen Antworten auf komplexe Fragen, sondern die Debatte erweitern!"

WDR 5 beim Spülen. Mit halbem Ohr. Dann geht mir dieser Satz nicht mehr aus dem Sinn. Im Podcast finde ich ihn nicht. Es war wohl doch WDR 3. Finde den Satz nicht. Nicht mal an die Sendung kann ich mich mehr erinnern. Aber da gibt es diese Hotline, die ich zum ersten Mal in meinem Leben anrufe, und die sagen mir sehr freundlich, dass eine Mail an die Kulturredaktion der sicherste Weg ist. Ich werde nicht ausgelacht. Das ist was wert.

22. Januar 2018, WDR3, Mosaik, 7.15 Uhr und nicht mehr als die Überschrift dieses Artikels. Eine freundliche Person antwortet mir und hofft, mir geholfen zu haben. Mag sein, dass das alles floskelhaft ist, aber sie haben mir geholfen. Und wie. Abgesehen davon werde ich in meinem Job nicht mit so viel Respekt behandelt. Kunden des Dienstleistunsgunternehmens Kirche werden ... ach, vielleicht doch. Vielleicht steh nur ich dauernd im Weg rum. Dann muss man mich natürlich herumschubsen.

Da hat der Papst doch tatsächlich um Entschuldigung gebeten. Er hatte bei einer Pressekonferenz eine Frage nach der Vertuschung von sexuellem Mißbrauch in Chile mit dem Satz abgebürstet, es gäbe keine Beweise. Nun bittet er um Entschuldigung mit dem Hinweis, man dürfe eine Anzeige sexuellen Mißbrauchs nicht in Frage stellen. Das sei furchtbar. Pater Klaus Mertes schreibt dies in der aktuellen Ausgabe Der Zeit. Es ist erstaunlich. Bis zu diesem Artikel hatte ich bereits allerhand Dämliches zu diesem Vorfall hören müssen. Darunter dies: Die Presse verwurstet die Kirche und springt mit dem Papst respektlos um. Einfache Antworten auf komplexe Zusammenhänge. In diesem Fall ist Pater Mertes der bestmögliche Zeuge, denn er selbst musste Mißbrauchsfälle aufarbeiten. Seine Entscheidung, dies transparent zu tun, hat unserer Kirche geholfen, Verfahren für Aufarbeitung und Aufklärung zu erarbeiten.

Jemand muss den ersten Schritt tun. Das macht es anderen leichter. Aber Sinn macht das nicht, wenn es nur ein erster Schritt ist und Ende. Ein erster Schritt ist nur dann ein erster Schritt, wenn es viele folgende Schritte gibt. -> Veränderung

Jemand muss der Floskel ein Gesicht geben. Man darf sie nicht verlachen. Sie ist vielleicht wirklich schön. Warum solll man sie nicht nehmen, wenn sie das ausdrückt, was man sagen will? -> Tradition

Jemand muss ernst machen. Dieses Gerede vom christlichen Abendland sagt sich so leicht. Und "ohne Geld geht gar nichts". Dieses wertlose Geschwafel lullt uns allesamt ein. Aber es gibt welche, die machen bereits Ernst mit dem Christensein. -> Leben

Mithu Sanyal hatte im WDR in der Sendung Mosaik Nina Reines Theaterstück "Konsens", das derzeit im Düsseldorfer Schauspielhaus auf dem Programm steht, rezensiert. Das war gut anzuhören. Ich mit Geschirrtuch und Besteck, die Worte wie eine sanfte Brise. Es geht um Grenzverletzungen. Das Stück ist furchtbar aktuell. Mag sein, dass der Zuschauende im Theater auf Vergewaltigung gestoßen wird. Es ist furchtbar. Keine sanfte Brise mehr. Mich erinnern diese Texte, die ich da höre, an andere Grenzverletzungen. Die verwüsten meine Lebensfreude. Jeden Moment kann ein Anruf kommen. Oder ich öffne mein Mailfach und muss da wieder was lesen, hanebüchen, jemand, der sich keine Mühe gibt oder enfach ein Opfer sucht.

Da sagt Mithu Sanyal, dass es keine einfachen Antworten auf komplexe Fragen geben kann. Ich sehe das genau so. Ich bin nicht hier, um die Welt zu retten. Wirklich. Ich weiß keineswegs alles besser. Aber ich möchte der Debatte etwas beifügen, das sie erweitert. Darum verstehe ich das so gut, was Mithu Sanyal sagt. Meine Meinung ist das, was ich denke. Sie ist es wert, geäußert zu werden. Die Meinungen meiner Mitmenschen interessieren mich genau so. Wie kommt es nur, dass wir immer wieder in Debattenfallen latschen, in denen nur noch Schwarz und Weiß zählt?

Es geht doch gar nicht mehr darum, wer Recht hat, sondern wie wir einander verstehen und in unserer ungeheuren, unbegreiflichen Vielfalt miteinander leben können.

Dies schreibe ich, um der Debatte etwas hinzuzufügen. Das darf nicht ungesagt bleiben. Und alles andere soll auch noch gesagt werden. Und dafür, dass jemand seine Meinung sagt, soll niemand was aufs Maul kriegen. Nur der Rechthaber, der kann gerne nach Hause gehen und erstmal was Ordentliches essen und trinken und jemanden finden, der ihn lieb hat. Kein Witz. Konsens braucht niemand. Bleibt mir weg mit FriedeFreudeEierbrei. Ich werde nicht gegen dich kämpfen, wenn du was gegen mich hast. Du sollst leben. Wir brauchen die Debatte um Vielfalt und Geschlechtergerechtigkeit und all die wunderbar aufregenden Dinge, die uns täglich aufwachen lassen. Sonst würden wir ja liegen bleiben. Konsens ist was Gefährliches. Darauf kann man sich nicht ausruhen, sonst heißt es eines Tages wieder, dass wir doch alle einverstanden gewesen wären.

Und jetzt laßt mich in Ruhe.

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Zum Weiterlesen:

http://www.zeit.de/2012/47/Pater-Klaus-Mertes-Missbrauch-Kirche

https://www.dhaus.de/programm/a-z/konsens/

http://www.sanyal.de/

 

"Wir freuen uns viel zu wenig", sagt der Pastor

Am Sonntag war es mal wieder soweit: Die Heilige Messe mit vielen unterschiedlichen Menschen und einem Pastor, der auch nur ein Mensch ist. Es ist der, der viel redet, auch wenn er am Anfang der Predigt bekennt, dass er viel redet und diesmal ... aber das glaubt weder er noch wir.

Das erinnert mich an eine coole Aktion von gott.net.

Bild einer Skulptur des ernst dreinschauenden Martinluther auf einem 0,- € Schein.

Die Idee ist wirklich gut. Man kann anhand eines Geldscheines, eines wirklich original auf Geldscheinpapier gedruckten Luthereuro, über Gnade nachdenken. Gnade ist ein Geschenk. Wirklich. Die Idee ist gut. Sie entwickelt ein Eigenleben. Man kann etwas dafür bekommen, weil wir das Geldgeben und Geldnehmen gewohnt sind. Den Schein in der Hand zu fühlen, gibt dem Gehirn den Impuls, nach einem Gegenwert zu suchen. Man könnte diese Scheine auf einem Gemeindefest nutzen? Man könnte dafür ... .

Aber mir ist etwas aufgefallen auf dem Schein:

So viel Glauben du hast, so viel Lachen hast du.

Martin Luther

Und jetzt weiß ich auch nicht. Dieser Luther lacht bestimmt sehr versonnen in sich hinein. Wenn er soviel Glauben hat, wie diese Skulptur Lachen hat ... .

Die Aktion, wie gesagt, finde ich gut. Aber es ist mir ein Anliegen, auf die Verschleifung der Sprache in unserer Kirche hinzuweisen. Sonntag für Sonntag in unseren Heiligen Messen wird gepredigt und nicht jede Predigt rauscht über unsere Köpfe hinweg. Aber was passiert? Der  Knaller ist für mich, wenn nach der Messe gesagt wir, die Predigt sei gut gewesen, aber auf Nachfrage nichts über ihren Inhalt gesagt werden kann. Und dann erst die Lesungen! Gerne hört man beim Pfarrschoppen oder auf dem Kirchplatz den Satz:

Ist ja alles nicht so gemeint.

Doch. Es ist so gemeint. Wer weiß, was passieren würde, wenn wir das wieder begreifen könnten. Mich macht die Lesung des Sonntags unruhig. Ich möchte mit anderen darüber sprechen. Wir sind ein Glaubensnetzwerk und könnten einander helfen, das Wort Gottes zu verstehen. Das geht mir nicht aus dem Sinnn. Sprache. Ernsthaftigkeit. Liebe.

 

Separation - Kurzfilm von Shahaf Ram

Denken Sie nicht zu groß von mir. Vom gesprochenen Wort verstehe ich nichts. Aber die Bilder, die verstehe ich schon.

So wie ich in den Film verstehe, bezieht sich Shahaf Ram auf eine konkrete Situation. Es gibt eine Erzählebene. Aber die bleibt unkonkret, subjektiv. Und dieses Subjektive ist verstehbar.

Separation || פרידה (Spoken word by Arik Eber) from Shahaf Ram on Vimeo

 

Hörst du mir zu? - Weihnachtspost

Der Engel sprach zu den Hirten: "Fürchtet euch nicht. Ich verkünde euch eine große Freude. Euch ist heute der Retter geboren, es ist der Heiland, Jesus Christus, der Herr. Ihr werdet ein Kind in der Krippe finden, in Windeln gewickelt. Und jetzt geht."

Das war jetzt das, was ich behalten habe. Bestimmt wissen Sie es besser. Das ist auch gut so. Es st wichtig, dass Sie sich um die Botschaft des Engels kümmern. Sie funktioniert nicht wie Stille Post. Es ist sehr wichtig, dass Sie hören, was der Engel gesagt hat, denn diese Botschaft ist der Schlüssel.

BEATRICE from Fabrica on Vimeo.

Nicht jede Hoffnungsbotschaft ist eine Weihnachtsbotschaft. Darum sollten Sie nicht versuchen, dieses kleine Video mit Weihnachten in Verbindung zu bringen. Es hat nichts mit Weihnachten zu tun. Nur ich sehe darin etwas, das ich mit meiner Idee von den Hirten auf dem Feld und dem Auftauchen des Engels zusammenbringe: Ich will nicht jemand anders sein. Es tut mir gut, dass der Engel nicht mit der Botschaft ins Haus fällt, sondern erst einmal "Fürchtet euch nicht!" sagt. Das zeigt mir, dass der Engel die Menschen, zu denen er spricht, im Blick hat. Er nimmt die anderen wahr. Er gibt seine Botschaft nicht einfach ab und hat damit seine Pflicht getan. Diese Geschichte vom Engel auf dem Hirtelfeld ist Anlaß für allerhand ausdeutende Kunstwerke. SIe kennen bestimmt einige. Mit dieser Botschaft im Herzen loszulaufen ist Teil der ganzen Geschichte. Sie macht keinen Sinn, wenn sie nicht weitererzählt wird. Und sie hat was mit mir zu tun, weil ich sie gehört habe. Ich gebe sie weiter. Aber ich bin nicht alleinverantwortlich. Trotzdem kommt es auch auf mich an. Eigentlich bin ich nicht geeignet als Botschafterin. Trotzdem kann ich sagen, dass ich, seit ich denken kann, Bilder und Geschichten kenne, die mehr transportieren als das Material, aus dem sie bestehen, hergibt. Darum hole ich immer wieder tief Luft. Das hilft.

In aller Ruhe. Wie der Finne so schön sagt: "Kaikessa rauhassa."

 

Mut ist eine sehr persönliche Sache - Weihnachtspost

Es wurde prophezeit, es käme einer, der nicht nach dem Hörensagen urteilt. Jesaja 11. Aber wir wissen es ja besser. Das Evangelium. Was heißt das schon? Ein Messias muss auch Macht haben und eine Armee, sonst kann er ja nicht die Welt erorbern. Ist ja klar.

Die ganze Weihnachtsgeschichte steckt voller Gegenbewegungen. Wer immer redaktionell daran gearbeitet hat, wusste viel über Journalismus und Öffentlichkeitsarbeit. Einer meiner Favoriten sind die Sterndeuter aus dem Morgenland, die später zu 3 heiligen Königen wurden, weil man die Knochen so schön als Reliquien vermarkten konnte. Aber das ist eine andere Geschichte.

Hingabe

Aus dem Nichts der Geschichte tauchen Menschen auf, die den Weg zum Messias gefunden haben, obwohl sie nichts von seiner Ankunft wissen können. Sie haben keine Ahnung von der Heiligen Schrift. Sie sind Sterndeuter. Glücklicherweise ist ihnen anschließend keiner wie Paulus über den Weg gelaufen, sonst ... . Ach, egal. Sie sind auf jeden Fall wieder verschwunden. Im Ernst: Es sind keine historischen Figuren. Die Exegeten sollen sich über den Sinn ihrer Anwesenheit in der Weihnachtsgeschichte äußern. Ich schreibe hier nur, was sie mir bedeuten.

Menschen, die gemeinsam nach dem Allerwichtigsten im Leben suchen.

Menschen sitzen nachts auf einem Zaun und schauen in den Sternenhimmel.

Photo by Greg Rakozy on Unsplash

Beobachten. Sich erzählen, was man wahrnimmt. Zeit haben. Alles teilen. Ich und die anderen.

Nicht fragen, ob es sich lohnt.

Warum sind die Sterne so schön?
Im Winter erkenne ich den Orion, im Sommer das Himmels-W.
Aber es sind viel zu viele Sterne. Je schöner der Himmel ist, um so weniger kann ich erkennen.
Wenn ich in den Sternenhimmel sehe, sehe ich in die Vergangenheit. Ich löse mich von der Schönheit des Anblicks und denke über das nach, was ich sehe, mache mir Notizen und suche nach Informationen.
Science Fiktion mag ich sehr. Abgesehen von der Wissenschaft ist das Spielen mit Ideen über die Zukunft wohltuend. Die Welt kann ganz anders aussehen. Wir können sie gestalten. Aber es gibt auch Vieles, worauf wir keinen Einfluß haben.

Warum sitze ich hier?

Sterndeuter wird man nicht, weil es der einträglichste Beruf ist. Als Jugendseelsorgerin habe ich erleben müssen wie aus Wilden Kerlen vernünftig denkende Menschen wurden, die ihren Beruf nach den besten Aussichten wählten. Sicherheit, Familie, Gesundheit. Da ist nichts gegen zu sagen.

Oder?

Die Sterndeuter stelle ich mir als begeisterte Menschen vor. Ich bin Gott dankbar, dass es möglich ist, Gott zu finden, auch wenn man nicht zum Insiderkreis gehört. Dieses Brennen für etwas, das ist doch ganz unvernünftig, aber es führt zum Messias. Wie kann es kommen, dass wertvolle Geschenke in einem Stall abgegeben werden? Wie kann es sein, dass die Sterndeuter den Messias im Stall erkennen? Das ist eine sehr kluge Geschichte. Die kann man kaputtromantisieren. Die kann man auch einfach auf sich wirken lassen. Otfried Preußler hat das getan und dann eine so schöne Weihnachtsgeschichte geschrieben: "Die Flucht nach Ägypten". Kaufempfehlung. Als Hörbuch besonders berührend, weil der Vorleser böhmisch spricht.

Die Sterndeuter sind aus der Nummer mit dem "satt, sauber, abgesichert" raus. Wie haben sie das geschaftt?

In diesem Jahr habe ich mich mit Agilem Arbeiten befasst. Der Begriff kommt wie Vieles in unserer Zeit aus dem Technikbereich und wird mittlerweile in der Sozialwirtschaft angewandt. Es heißt, was es sagt: Man auch arbeiten, ohne sich selbst dauernd runterzuziehen. Man kann Prozesse leichter gestalten. Es kann alles flüssiger laufen. Es geht. Menschen arbeiten bereits danach. Diese und verwandte Themen finden Sie in dieser Linkliste: https://tomsgedankenblog.wordpress.com/2017/12/18/linksderwoche-kw-51-2017-produktivitaet-projektman... Also habe ich probiert. Kollegen sagen: "Du arbeitest doch sowieso schon so." Ja, danke, nettes Kompliment. Aber das System, in dem ich stecke, funktioniert anders. Meine Erfahrungen will ich 2018 vertiefen. Ich will es besser machen. Es ist nichts so, dass ich es besser weiß. Ich weiß es ja noch gar nicht. Erst muss mal was ausprobiert werden. Immer wieder. Beobachten, kontrollieren, verbessern. Und dann muss mit genau so viel Ernst nach den besten Tageszeiten geguckt werden. Ohne Kollegen geht es nicht. Weglaufen werde ich nicht. Auch das gehört für mich zum agilen Arbeiten nach dem Vorbild der Sterndeuter dazu. Wir haben alle Zeit der Welt.

 

Henne oder Ei? Sie müssen sich entscheiden

Wo auch immer ich bin, das Leben stößt mich auf meinen Job im Bistum Essen, wo der Pfarreientwicklungsprozess auf Touren läuft. Der Pfarrer kündigt seinen Abschied an, die Gemeinden fürchten sich vor Kirchenschließungen, Messen sollen trotzdem stattfinden, ... kaum Zeit, Atem zu holen. Ich bin trotzdem ins Ballet gegangen.

Mitten im ersten Tei wendet sich der Dirigent aus dem Orchestergraben an das Publikum und bittet um Verständnis, dass die Vorstellung hier unterbrochen werden muss. Er erklärt, dass der Flügel, der ja auf der Bühne steht, nur per Lautsprecher auf seinem Dirigentenpult für ihn erreichbar sei. Aber da gäbe es ein technisches Problem, das erst einmal gelöst werden müsse.

Sie werden verstehen, dass mich das sofort an den Pfarreientwicklungsprozess und die Zukunftsbildprozesse erinnert.

Wenige Minuten später kommt der Dirigent auf die Bühne und erklärt, er wolle uns (dem Publikum) nur beste Qualität ermöglichen und darum müsse hier für 10 Minuten unterbrochen werden. Danach gehe es aber weiter. Wir applaudieren. Wir finden auch, dass wir die höchstmögliche Qualität erwarten dürfen. In der Einführung zu diesem Ballettabend hatte der Chefdramaturg Christian Beier zum Schluß zwei Prämissen für den Abend ausgegeben:

1. Sie müssen nicht alles verstehen.

2. Auch Emotionen verlangen Mündigkeit.

Nach 10 Minuten Pause erklärt der Dirigent, wie der Einstieg erfolgen soll. Wir hören nun die Musik zunächst ohne das Tanz-Ensemble. Das macht deutlich, dass hier zwei höchst wertvolle Kunstformen auf uns einprasseln. Denn wir hören Live-Musik. Es ist Musik, für die wir ins Konzert gegangen wären. Ich verstehe nun, warum ich unwillkürlich die Augen geschlossen habe. Es ist Ballett und Konzert. Wem gibt der Dirigent hier den Vorrang? Oder muss er Einem den Vorrang geben, um Beidem genügen zu können?

Für mich war es ein nachhaltig beeindruckender Abend. Es war die Musik und der Tanz, das Ballett, die Künstler und - als Zugabe - die Souveränität eines Dirigenten, der sich seiner Sache offensichtlich auch in der Krise sicher ist.

 

Das Problem mit dem Briefkasten voll Bettelbriefe und anderer vorweihnachtlicher Blödsinn

Bringt es eigentlich was, Bettelbriefe abzubestellen?

Das größte Problem bei einigen Tagen Abwesenheit ist mein Briefkasten. Bei Rückkehr ist er voll. Um diese Jahreszeit sind das Bettelbriefe. Furchtbar. Das mit der Werbung hab ich gut im Griff. Da reicht ein Aufkleber, um das Gröbste zu verhindern. Aber diese Bettelbriefe! Die bedanken sich bei mir mit Adressaufklebern für Spenden, die ich nie getätigt habe. Es sind sogar anerkannte Player darunter. Und ich bin nicht sicher, ob diese Spams unterbunden werden können, wenn ich da mal anrufe. Ich fürchte den Verkaufsexperten von der Sorte Hessie James.

 

Hessi James from Th Sp on Vimeo.

Dabei will auch ich nur helfen. Das tu ich mit all meinen Mitteln. Und mehr werde ich nicht helfen können, weil ich mehr einfach nicht habe. Ich habe übrigens auch nicht mehr Zeit, wenn man mich unter Druck setzt. Aber das können fremde, ferne Menschen nicht wissen. Auch Nachbarn und Kollegen wissen das in der Regel nicht, weil ich immer so freundlich bin. Da hilft nur :

Tür zu

Mein Briefkasten gehört nicht zu meiner Komfortzone. Das ganze Konzept Briefkasten müsste mal runderneuert werden. Da sind beispielsweise Nachrichten vom Paketdienst drin, wo ich mein Paket abholen kann. Da ich auf dem Land (ein Ort, der die Nachteile der Stadt mit den Nachteilen des Dorfes kombiniert) wohne und nicht über ein Auto (!) verfüge, muss ich laufen oder den ÖPNV nutzen. Zum Abholen eines Paketes muss ich eine Stunde meiner Lebenszeit aufwenden. Manchmal kann ich den Weg mit anderen Wegen kombinieren. Das gelingt leider nicht immer. Warum sollte ich dann Dinge über das Internet bestellen? Der Dienstleister am Ort bringt mir die Waschmaschine ins Haus, schließt sie an und kommt auch raus, wenn was ist. Waschmaschine *check. Bücher ist schon schwieriger. Aber die kann ich gut in einer Großstadt beim Buchhändler meines Vertrauens Proust und mehr vorbestellen und abholen, wenn ich sowieso auf dem Weg zu meinem Arbeitgeber bin. Lebensmittel kommen aus der Abokiste oder aus dem kleinen Laden am Ort, der Menschen mit Behinderung beschäftigt, die Teil einer WfbM sind (aber das ist schon wieder ein neues Faß).

Wozu brauche ich einen Briefkasten? Ach ja: das Neues Ruhrwort gibt es immer noch nicht in digitaler Form. Private Briefe und Postkarten kommen auch manchmal. Aber das erledigt sich von alleine. Ich gehe nämlich nicht auf Geburtstagsfeiern. Vor Weihnachten verschiebt sich das Problem im Freundeskreis in das Thema Weihnachtsmarkt. Die wollen immer alle auf Weihnachtsmärkte *seufz*. Glücklicherweise sind die echten Geheimtipps nicht auf der WDR-Seite. Sie treffen mich im Industriemuseum Ennepetal.

Das Problem mit dem Briefkasten ist das einzige Problem meines Lebens, das ich für unlösbar halte.

 

Wenn alle machten, was sie wollten, so wie das kleine Mädchen im Bus.

Ein kleines Mädchen setzt sich zu mir im Linienbus und redet vergnügt in einer mir fremden Sprache. Sie hat kein Problem, dass ich in meiner Sprache rede. Schließlich macht sie deutlich, dass sie mein Smartphone will. Wir schauen uns gemeinsam Bilder an. Das ist lustig. Sie sagt in meiner Sprache, was sie sieht, und ich nehme mal an, dass viele Menschen, die mit mir gefahren sind, nun wissen, was sich auf meinem Handy befindet. Schließlich endeckt das kleine Mädchen (ca. 4 Jahre alt) ein Foto von einem Bucheinband.

Ein kleiner Junge sitzt lachendauf einem Brett. Er hält mit einer Hand ein aufgeschlagenes Buch auf seinen Knien.Foto: https://unsplash.com/@benwhitephotography

Mit 2 Fingern macht sie die Schrift größer. Dann fokusiert sie einen Buchstaben, den ich vorlesen soll. Auf diese Weise gehen wir die erste Zeile durch. Sie jubelt. Und beginnt von vorn. Irgendwann schiebt sie das Bild auf die 2. Zeile. Buchstabe für Buchstabe. Mittlerweile kennt sie schon einige Buchstaben, die sie selber vorliest. Wenn eine Zeile zu Ende ist, jubelt sie wieder. Das geht eine ganze Weile so.

Sie entdeckt die Kamerafunktion. O. Sie ahnen, was passiert. Ich habe jetzt viele Fotos von mir und von dem Mädchen und auch einen kleinen Film, den wir uns x-mal angeguckt habe. Sie hat mir genau gesagt, wie ich mich setzen soll. Die Fotos fand sie immer zum Jubeln.

Irgendwann ruft die Mutter sie. Sie müssen aussteigen. Das kleine Mädchen hüpft vom Sitz und geht. Einfach so. Ich denke noch, sie sollte sich verabschieden. Aber wir sehen uns bestimmt wieder.

 

Der Tag, an dem wir begannen zu zweifeln

Der Erste an der Kirchentür war ein mir fremder Mann, von dem es später hieß, er sei schon beim Gemeindefest gewesen. Man sagte später auch, er sei schon als Kind ... seltsam gewesen.

Die Küsterin wurde von ihm mit Namen begrüßt. Er sprach mit sich selbst. In der noch dunklen Kirche saß er hinten und schimpfte über die immer weniger werdenden Messen und brabbelte unsinniges Zeug. Ich mischte mich in seine Selbstgespräche ein und erfuhr, dass er im Obdachlosenheim wohnt und alles verloren hat. Sein Schwiegervater würde bald kommen, sagte er, und nannte dessen Namen und ich dachte, dass dieser bekannte ältere Herr unserer Gemeinde darauf nicht gefaßt sein würde.

Das Eigentliche ist doch die Heilige Messe, zu der die Gemeinde sich am Sonntag versammelt. Ein plärrendes Kind und ein ausrastender Psychot sind Störungen. Die Störung müsste so nachhaltig sein, dass wir ins Nachdenken kämen. Da stimmt doch was nicht. Wenn alle Getauften, sagte der predigende Priester, am Sonntag in die Messe strömten, das wäre eine Welle, die alle mit sich risse. Wir sitzen da und hören die Predigt und gehen dann wieder. Da stimmt doch was nicht.

Unsere Küsterin kam aus der Spur. Sie fand Dieses und Jenes nicht mehr, musste immer wieder fragen, schaltete beim Beginn der Messe das wenige Licht aus statt alle Lichter an. Dann begrüßte der Priester die Gemeinde mit "Satans List, die uns zur Sünde führte ... ." Da rastete der mir fremde Mann in der letzten Reihe aus. Er beruhigte sich nicht wieder. Schließlich musste er hinaus geführt werden und wir konnten den Rest der Messe beinah ungestört hören.

Waiting For Godot Tragic Trailer Feb 2010 from Totally Theatre on Vimeo.

Der Mann schrie und tobte vor der Kirche. Einige von uns gingen hinaus, um mit ihm zu sprechen. Aber er kam kaum zur Ruhe. Er habe alles verloren, sagte er, und dass der Satan in der Kirche nichts zu suchen habe. Wir anderen sprachen mal mit ihm, mal miteinander. So erfuhr ich Einiges, das mir seltsam erschien. Ich fragte die anderen, ob nicht auch dieser Mann ein Mensch sei. Wir waren fassungs- und sprachlos. Und ich dachte, dass eine Gemeinde gut funktionieren kann, wenn die Menschen in ihr leben und sich bewegen und sich bewegen lassen. Die Einen wollen ihre Ruhe, die Anderen gestalten die Kultur der Gemeinde.

Am Ende der Messer las der Priester eine Verlautbarung der Personalabteilung des Bistums vor, aus der man verstehen konnte, dass unser Pfarrer die Gemeinde verlassen wird. Dass ihm eine Sabbatzeit gewährt wid, fand der die Verlautbarung verlesende Priester ausdrücklich gesundheitsförderlich für unseren Pfarrer. Aber auf dem Kirchplatz sprach man mehr über den einsetzenden Regen und den psychisch kranken Mann, von dem allerdings niemand sagte, er sei psychisch krank. Er hatte halt den Gottesdienst gestört. Und von den 25 Kommunonkindern waren nur 4 da gewesen.

Wir Angestellten der katholischen Kirche können mit Hilfe rechnen, wenn wir ratlos und ausgebrannt sind. Aber dieser Mann, der heute als Erster vor unserer Kirchentür stand, weiß nicht, wie das Leben funktioniert. Man habe ihm alles genommen, sagt er. Und die anderen sagen, dass er aggressiv wird und man schön öfter die Polzei habe rufen müssen und er dann in eine geschlossene Anstalt kommt.

Ich möchte nicht in einem Obdachlosenheim wohnen. Ich möchte auch nicht in einem Flüchtlingsheim wohnen. Ich habe einfach nur Glück gehabt (gut, ja, lassen Sie uns jetzt bitte nicht streiten über Worte). Aber wohl ist mir dabei nicht. Wir haben ein Grundgesetz, das wir nur für die Menschen in unserem Land verbindlich Wirklichkeit werden lassen können, die sich anpassen. Wer das nicht schafft, verliert seine Würde. Und das ist eine Katastrophe. Auch wir Christen haben dafür keine Lösung. Wir schützen in erster Linie unser Eigentum. Aber was wird uns das nützen? Auf Dauer, meine ich. Ich meine: über die jetzige Zeit hinaus. Denn wenn ich nicht an Gott glaube, kann ich mein Leben organisieren und abischern. Aber wenn ich an Gott glaube, darf keiner verloren gehen.

Timeless from Abby Middleton on Vimeo.

Ich habe dem fremden Mann versprochen, ihn morgen in dem Obdachlosenheim zu besuchen. Er wusste nicht mal, in welcher Straße er wohnt. Aber das wussten die anderen. Wir Gemeindemitglieder haben darüber gesprochen, wer wen anruft und wie wir Kontakt mit Hilfestellen aufnehmen. Aber ganz ehrlich: Hoffnung hab ich nicht für ihn. Und wir? Wir geben unser Bestes. Versprochen. Wenn Sie bitte für uns und den Mann beten würden?