Das Thema ist die Entwicklung. Es geht um Sprache und Selbstverständnis. Es gibt keine Antworten.
Das Thema ist die Entwicklung. Es geht um Sprache und Selbstverständnis. Es gibt keine Antworten.
Was Pfarreientwicklung ist, ist klar definiert bei uns im Bistum Essen. Und doch können wir uns von den Fesseln des Faktischen nicht lösen. "Ohne Geld geht gar nichts", heißt die vollmundige, weil einleuchtende Devise. Das man sich umsonst müht, wenn der Herr das Haus nicht baut, bedürfte einiger Erklärungen und gilt schon allein deswegen als spleenig. Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott.
Wer hauptberuflich im kirchlichen pastoralen Dienst ist, kann sich nur schwer behaupten, es sei denn, er sitzt in irgendeinem Boot. Der Dampfer der Prominenz ist das sicherste Terrain. Am Besten, man veröffentlicht was. Kann auch ein Buch sein. Die bodenständigen Kollegen fühlen sich abgehängt, unverständen, fehlgeleitet. Sie mögen ihre Arbeit, auch wenn sie sie schwer finden. Aber ihnen fehlt das Vokabular der Viel-geschulten, die untereinander gut klar kommen. Um beim Cocktail den Anschluß im Plauderton nicht zu verlieren, muss man lesen, lesen, lesen und einen Haufen an Zusatzqualis an Land ziehen. Man ist wochenweise aus dem laufenden Betrieb genommen, was insbesondere Familienmenschen nur schwer umsetzen können. Die Gemeindereferentin, die Zeit ihres Berufslebens Kinder auf den Empfang von Sakramenten vorbereitet hat, Katechtenschulungen durchführte, Eltern begleitete, PGRs überzeugte von ihren Ideen, steht auf einmal schwer im Abseits. Seit Jahrzehnten wird alles in Frage gestellt, aber das ist schon so normal, dass es nicht mehr ernst genommen wurde. Wer heute die Beschlüsse der Würzburger Synode liest, reibt sich verdutzt die Augen: Das haben wir in den 80igern beschlossen? Seitdem ist die Sprache öffentlicher Verlautbarungen nicht leichter lesbar geworden, so dass wir mit einigem Schrecken und sehr abrupt festellen müssen:
Es gibt Lesbares in Sachen Pastoral.
Es fing alles mit Menschen wie Anselm Grün an. Aber jetzt sind es komplizierte Sachen, sehr theologisch, keine Erbauungsliteratur. Ist das etwas, in das wir uns einlesen können? (Keine Literaturliste an dieser Stelle.)
Wir hatten Zuhause Bücher aus dem Bertelsmannclub. Es gab ein dünnes rotes Bändchen mit Wissenswertem aus aller Welt. Darin las ich gerne. Ich las von den 4 Temperamenten und fand, das das einleuchtend sei. Ich probierte es an meinen Mitmenschen aus und war zufrieden.
Dann kam die Oberstufe und der Psychologieunterricht und wir lernten: Ich bin ok - Du bist ok. Auch das fand ich anwendbar und einleuchtend.
Im Laufe der Zeit kam mir allerhand Überzeugendes auf den Schreibtisch. Wir diskutierten im Studium. In den Pfarreien diskutierten wir nicht mehr. In den Weiterbildungen kam immer wieder die Frage auf, was wir mit all den interessanten Dingen anfangen sollten, wenn wir damit in unseren Gemeidnen doch nicht ankämen.
Spätestens beim Enneagram war für mich Ende im Gelände. Ich begann mich zu fragen, warum es immer wieder diese Konzepte geben muss. Mir ist schon klar, dass mit jedem Menschenleben das Lernen neu beginnt. Aber ich sehe heute nicht mehr ein, warum ich immer wieder mein Vokabular erweitern soll, statt ernst zu machen mit dem, was mir wichtig ist.
Nur: Wie fasse ich das in Worte? Wie setze ich es um? Wie mache ich mich verständlich?
Meine Biografie ist entscheidend geprägt von einem Glauben, der nicht begründet werden muss. Wir haben eine Beziehung, Gott und ich. Da herrscht tiefes Vertrauen. Die Bibel ist eine wichtige Quelle für meine Sprachfähigkeit in Sachen Glauben, ebenso die Kirchengeschichte. Das ganze Leben ist wunderbar, ich liebe die Natur, Musik und die Menschen. Sexueller Mißbrauch in der katholischen Kirche erschüttert mich. Es ist nicht so, dass mir das Böse fremd wäre. Aber das ist nicht zu verstehen. Da hängt so viel dran. "Es menschelt" ist ein beliebter Ausdruck, wenn mal wieder ein Teil des Pfarreientwicklungsprozesses versumpft. Aber wir gehen es nicht an. Wer trägt Verantwortung? Wer ist beteiligt? Wo laufen Entscheidungswege? Warum tun wir das alles? Was ist das Ziel? Hier bin ich ratlos. Aber ich kann weitermachen. Gebt mir Zeit, mich auszuruhen. Ich kann schlafen, beten, lachen, Musik hören. Es gibt andere Menschen, die lernen und sich freuen und teilen wollen. Das Leben ist gut. Alles ist möglich.
Wenn ich zu sagen hätte, gäb es in unserer Kirche Offene Daten. Ein Begriff, darum groß geschrieben. Alles wäre einsehbar. Bis auf die sensiblen persönlichen Daten. Alles wäre zugänglich. Information.
Wenn ich zu sagen hätte, gäbe es in unserer Kirche genügend Menschen, die ansprechbar sind. Niemand müsste denken: "Ich kann den Pastor nicht fragen. Der hat zu viel zu tun."
Wenn ich zu sagen hätte, würde aus dem Informieren und dem Kommunizieren ein nachvollziehbarer Entscheidungsprozess entstehen. Und am Ende stünden Entscheidungen.
Und immer so weiter.
Informieren, kommunizieren, entscheiden.
Die Bibel lesen, beten, in Ruhe schlafen. Aufstehen, weitermachen.
Im Bistum Essen gehöre ich zu den wenigen Hauptamtlichen, deren Auftrag die Seelsorge im Kontext "Menschen mit Behinderung" ist. Wir sind ein kleines Bistum. Wir sind nicht Viele. Man kennt sich. Im Bereich "Menschen mit Behinderung" gibt es rasante Entwicklungen. Das ist wunderbar. Dramatisch ist die Unbeweglichkeit der großen Träger der Behindertenhilfe. Es fließen Gelder. Im Konfliktfall geht es auch mal um Arbeitsplätze. Aus meiner Sicht geht es aber um Menschen, die dank moderner Technik mehr Möglichkeiten zur Kommunikation haben als jemals zuvor in der Menschheitsgeschichte. Ich versuche meinen Standpunkt so oft es geht und so klar es geht zu kommunizieren. Trotzdem ... werde ich viel zu wenig wahrgenommen ... werden Menschen mit Behinderung immer noch in erster Linie als Hilfsbedürftige wahrgenommen. Ein Drama.
Wir wunderbar sind die Hilfsmittel, mit denen wir kommunizieren können. Wir können Meinungen austauschen und bilden. Es muss nicht mehr alles in einer Sitzung passieren, weil wir zwischen den Sitzungen Kontakt halten können. Ergebnisse können einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. -> Take a look at this https://
Ein Drama ist auch, dass jede Diskussion im Pfarreientwicklungsprozess früher oder später in den Fängen der Finanzen landet. Wenn wir über Nacht alle Pfarrstellen besetzen könnten, gäb es keine ehrenamtlichen Gemeindeleiter mehr. Da bin ich sicher. Aber das muss ich nicht beweisen. Aber ich muss Menschen in unseren Gemeinden davon überzeugen, dass Ehrenamtskoordinatoren eine Schulung brauchen und das wir Ehrenamtskoordinatoren brauchen. Casting? Wir brauchen ein Casting? Und schon ist das Pastroalteam weg vom Fenster. Die stellen sich nämlich ein Casting lebbhaft vor. Die Kollegn und Kolleginnen haben ja Phantasie.
Aber wir brauchen natürlich trotzdem Ehrenamtliche, weil wir ja keine Priester haben. *Alter Schwede* Das ist so bekloppt, da fallen mir schon keine Worte mehr ein.
Warum machen wir das alles? Weil wir keine Priester und kein Geld haben. Wir machen das nicht, weil die Taufe die höchste Würde ist, die Menschen in unserer Kirche erlangen können und weil wir so viele unentdeckte Charismen in unseren Gemeinden vermuten, die alle unentdeckt bleiben, weil sie in das herrschende Gemeindesystem nicht passen. Wir machen das natürlich auch nicht deswegen: Jesus Christus hat uns einen Auftrag gegeben. Wir sollen aller Welt das Evangelium verkünden. Die Frohe Botschaft. Wir sollen allen sagen, dass wir gerettet sind und das es Frieden geben wird und das jeder Mensch von Gott geliebt ist und das es einen Weg durch die Wüste gibt und für jeden Menschen ein Gebet und wer keine Worte mehr hat, an dessen Stelle tritt der Heilige Geist selbst und formt Worte, eindeutig und klar, unmißverständlich und heilsam.
Wenn der Herr das Haus nicht baut, müht sich der Bauherr umsonst.
Es ist umsonst, dass ihr früh aufsteht und euch spät schlafen legt.
Den Seinen gibt 's der Herr im Schlaf.
Psalm 127
Es ist ein Wunder, dass trotz dieser gottverdammten Mißbrauchsskandale in unserer Kirche, die kein Ende nehmen wollen, das Wort Gottes trotzdem noch auf fruchtbaren Boden fällt.
Aber was kann ich tun? Was ist nun meinen Aufgabe?
Ein Ort zum Leben und die Möglichkeit, alles zu teilen.
Teil einer Gemeinschaft sein, deren Schätze im Himmel sind.
Geben, was wir geben können - nennen wir es charismenorientiert.
Mit meinem glühenden Gesicht und den schweren Beinen fühle ich mich Elija nahe. Niederlegen, um zu sterben, dennoch wissen, dass Gott da ist.
Das Ganze bleibt immer unvollendet, aber wir müssen dran, weil es allerorten Unmut gibt. Den Eltern ist es zu wenig feierlich, die Gemeinde (Sonntagsgottesdienstbesucher) findet, dass früher mehr Kinder in der Heiligen Messe waren und wir Hauptamtliche wissen uns keinen Rat. Zeit für eine Klausurtagung, von der ich hier berichte. Die beiden Hauptverantwortlichen hatten es vorbereitet und Dr. Nicolaus Klimek dazugeladen, der im Bistum Essen für Katechese verantwortlich ist. Zeitungsauschnitte (Berichte von Kommunionfeiern und von Stress mit veränderten Konzepten), Mappen, Material lagen aus, Getränke und Süßkram standen bereit.
Wir beginnen mit einem Lied, das kindgemäß poppig klingt. Die Bewegungen dazu zeigen das Gucken und Grüßen, sie betonen das Gemeinsame und Fröhliche. Die Einen finden es affig, die anderen finden, dass es dem Rücken nutzt. Bereits zu Beginn unseres Klausurtages wird deutlich, dass es bei Erstkommunion um ein Erwachsenenthema in kindgerechter Form geht.
Wir kommen zögerlich ins Erzählen. Das sind wir nicht gewohnt. Wir können referieren und um Standpunkte kämpfen. Irgendwann fließen die Worte und es kommt Erstaunliches zutage.
Natürlich referiere ich hier nicht das Konzept - Konzepte gibt es genug und keines ist besser als ein anderes -, aber was bei unserem Klausurtag an dieser Stelle geschah.
Die beiden Verantwortlichen stellen das aktuelle Konzept vor und wir diskutieren über die Erwartungen der Eltern und Kinder an die Erstkommunionvorbereitung. Wir verstehen, dass das jedes Jahr anders rüberkommt, darum ist es sinnvoll, projektbasiert zu arbeiten. Tendenziell kann man sagen, das nach Spiritualität gefragt wird. Fragwürdig wird unser bisheriges Tun durch lange Schulzeiten und Freizeitstress und die allgemeine Fragwürdigkeit von Kirche. Man nimmt nicht mehr alles hin, was einem vorgesetzt wird, andererseits möchte man aber auch nicht einbezogen werden. Was machen eigentlich die Hauptamtlichen? Auch wir im Pastoralteam, sehen nicht viel von dem, was die anderen tun. Aus unserem eigenen Tun können wir ableiten, dass viel Kraft in Erklärungen fließt, denn es kann kirchliche Sozialisation nicht vorausgesetzt werden. Einfacher wäre das Gespräch, wenn wir das kollaborative Arbeiten gewohnt wären. Es ist schwer, über die Erstkommunionvorbereitung zu sprechen, weil wir zu schnell in kontroversen Auseinandersetzungen sind, statt zuzuhören, mitzudenekn und dann erst zu reden. Wir reden im Twitterformat und das ist gefährlich. Immer dann, wenn jemand einen Gedanken ausfalten kann, manchmal auch stolpernd, wird ein Gespräch daraus. Nachfragen klingen nicht mehr wie Anwürfe, sondern dienen dem Verständnis.
Was wie ein Klagegesang beginnt, wird zu unserer Schatzkiste:
Wie können wir Vorraussetzungen schaffen, die für alle Menschen Zugänge zum Glauben ermöglichen? Es ist alles so vorrausetzungslos. Jedes Sakrament steht für sich. Es gibt keinen Prozess des Glaubens in der Gemeinde. Was beim einzelnen Menschen geschieht, können wir nicht wissen. Es gibt keine Kultur des gemeinsamen Glaubens außerhalb der Liturgie. Zack, steht wieder einer da und will was, irgendein Sakrament.
Wir Hauptamtliche fragen uns: Was ist unsere Heimatgemeinde?
Das ist nicht immer die, für die wir tätig sind. Manchmal sind es auch die Menschen, mit denen wir im Glauben unterwegs sind.
Mittagspause. Im Restaurant stehen wir um den Tisch und beten gemeinsam, bevor wir uns am Buffett bedienen. Es ist nichts als ein gemeinsames Essen, eine Mahlzeit, Nahrungsaufnahme, Genuß und Gespräche.
Nach der Mittagspause bietet Dr. N. Klimek uns seine Grundlegenden Überlegungen an:
Wir entwickeln Thesen aus der Frage "Warum machen wir das, was wir machen"? Daraus entwickelt sich ein neuer Schritt:
Wir sollten die Erwachsenentaufe und das Katechumenat stärker in den Blick nehmen. Herr Klimek macht uns auf die Arbeitshilfe Nr. 160 der Deutschen Bischofskonferenz aufmerksam: "Erwachsenentaufe als pastorale Chance", in deren Vorwort es heißt: "In der christentümlichen Gesellschaft der Vergangenheit wurde das Christsein von Generation zu Generation „vererbt“. Wir sprechen von sozial-kulturellen bzw. pädagogischen Formen der Weitergabe des Glaubens; beide verlieren immer mehr an Bedeutung. Die Vorzeichen, unter denen Menschen heute dem Glauben begegnen, verändern sich: vom Erbe zum Angebot." Wir erkennen, dass Vieles in der Erstkommunionvorbereitung dem Disziplinieren dient. Es muss bei der Feier alles klappen. Wir fragen uns, welches Alter das Richtige für einen Zugang zum Glauben ist. Wir sind uns einig, dass wir mit den Sakramenten flexibler umgehen können müssten. Die Reihenfolge und das ererbte Gemeindeleben können nicht hinterfragt werden, wenn wir uns nicht über den Boden im Klaren sind, auf dem wir stehen. Mit manchen Veränderungen jagen wir die Erstkommunionvorbereitung in die Panikzone. Das Angebot geistlicher Begleitung für alle Menschen wäre eigentlich sinnvoll, aber es gibt auch Angst vor Überfordeurng unserer Kräfte. War es nicht Ignatius von Loyola, der drauf bestannt, dass man eine Sache so vorbereiten müsse, als hinge sie von einem ab, aber wenn man sie durchführe, müsse man sich klar sein, dass alles von Gott abhängt. Das klingt in den Augen mancher Gemeindemitglieder larifari-esoterisch. Wir müssen unser Tun besser kommunizieren.
Wie machen wir jetzt weiter?
Es gibt diese Pflichtveranstaltungen: Heilige Messe am Sonntag, Elternabend (nicht nur zur Information), Gruppenstunden für Kinder, Weggottesdienste, Familienmessen (1 x im Monat), von den Kindern gestaltete Elemente in der Sonntagsmesse.
Es gibt frei wählbare Projekte wie Krippenspiel, Kinderbibeltage, Ausflüge.
Bis jetzt standen 4 mögliche Strukturierungen der Gruppenstunden zur Debatte: 4 Samstage von 10 bis 17 Uhr oder monatlich ein Samstag oder sonntags 14 tägig nach der Messe oder wöchentlich.
Wir diskutieren.
Ein Vorschlag aus der Praxis einer anderen Gemeinde wird eingebracht: Es gibt Sonntagsmessen mit Erklärungen für Eltern und Kinder statt allem anderen. Erst nach der Erstkommunion kommt mehr für die, die wollen.
Ein anderer Vorschlag: Es gibt nur Weggottesdienste als Vorbereitung. Flankierend werden Sternsinger, Themenstunden, ... angeboten und das gesamte Spektrum der Gemeinde wird für Eltern und Kinder geöffnet. Nach der Erstkommunion werden alle weiter zu Weggottesdienstes eingeladen.
Dann war die Zeit auf einmal um und einige mussten schnell zum nächsten Termin und andere blieben mit Geschirr und Besteck zurück. Die Verantwortlichen für die Erstkommunionvorbereitung werden ein Konzept aus den Ergebnissen dieses Klausurtages "stricken" und (wenn es nach mir ginge auf der Pfarreihomepage veröffentlichen; dann werde ich es hier verlinken) wir haben die nächste Erstkommunionvorbereitung bereits vor der Brust.
Sie können jetzt eigentlich einfach die Überschrift vor Ihrem geistigen Auge hin und her bewegen, dann müssen Sie diesen ganzen Artikel gar nicht lesen.
Was mich an dieser Stadt fasziniert ist die Sprachverwirrung. Bereits as Kind hatte ich beim Lesen mancher Romane Probleme, die Konstruktion von Konflikten zu verstehen.
Warum reden die nicht einfach miteinander?
Heute weiß ich, dass das so einfach nicht geht. Da bremst die Erkenntnis, dass Wissen Macht ist. Heute macht es mich nur noch sprachlos, wenn ein Kollege im Team sagt, er könne jetzt noch nichts zu dieser oder jener Entwicklung sagen, das sei noch nicht spruchreif, aber der Chef und er seien schon im Gespräch mit jemandem, der wahrscheinlich diese Aufgabe übernehmen wird (die uns alle betrifft). Ein uraltes Menschheitsproblem bricht sich Bahn. Es hat was von Erbsünde. Aber davon wollen wir nach der Aufklärung nichts mehr wissen.
Das Gegenteil von Babylon erlebe ich in Unkonferenzen oder BarCamps. Niemand dreht sich weg, niemand lacht dich aus, niemand ermüdet vor deinen Fragen. Was du zu sagen hast, hört man sich an, wenn es einen interessiert und nicht aus Höflichkeit. Darum habe ich schon in vollen Sessions geredet und in leeren Räumen gestanden. Die Regeln sind klar. Sie werden gleich zu Beginn der Veranstaltung veröffentlicht - wenn das nicht bereits auf den Wegen des Internets geschehen ist. Entscheidend ist: Es gibt keine Teilnehmer, ohne dass sie gleichzeitig Teilgeber wären.
In der Babylon-Baustelle unserer Zeit wird das Prinzip des Teilens und Herrschens zur Perfektion getrieben. Bereichsleiter bezeichnen Mitarbeiter als "fremdelnd" und halten das für normal. Planungen können nicht umgesetzt werden, weil "momentan ein Mitarbeiterengpass" besteht. Diese und andere Floskeln saugen die Energie aus der Mitarbeiterschaft. Alle wissen, dass sie es bis zur Rente schaffen, wenn sie jetzt nur nicht renitent werden. Nachprüfen lässt sich das Handeln der Leitungsebene nicht. Keine ihrer Äußerungen kann überprüft werden. Aber das Leitbild reizt dann doch alle Erfahrenen zu bitteren Lachanfällen.
Werbung wird zu Kunst erhoben. Absprachen haben keinen Wert. Öffentlichkeitsarbeit gilt als Journalismus.
Wenn nun die Mitarbeiterschaft sich solidarisierte? Dazu müssten alle aus ihrer Deckung kommen. Und die Leitung macht es in dem Fall wie mit den Fasces: Sie nimmt sich die Mitarbeiter einzeln vor. Sie rupft den haltbaren Stamm auseinander und der lässt sich auseinanderrupfen.
Das Begreifen des Todes führt zu einer Neubesinnung auf die Werte, die Motten und Rost nicht zerfressen können. Wenn ich erst einmal begriffen habe, dass ich nichts halten kann, ... aber das hilft erst einmal überhaupt nicht, das macht nur Angst. Mit dieser Angst rechnen die Mächtigen in Babylon. Im Grunde arbeiten wir alle auf einer Baustelle. Die den Tod ausgeklammert haben, können gezielt manipulieren. Die den Tod vor Augen sehen, können sich ihren Ängsten stellen. Wer keine Kraft hat, kann mit der Solidarität der Arbeiterschaft rechnen. Wer neue Ideen hat, kann sie mit anderen teilen. Wer den Tod vor Augen hat, fürchtet sich nicht mehr vor den Unterdrückern.
Meine Erfahrungen will ich mit dir teilen.
Deine Erfahrungen interessieren mich.
Manchmal bin ich zu müde um zuzuhören. Das sollst du verstehen, damit du nicht denkst, ich wolle dir nicht zuhören.
Meine Lebenszeit ist endlich.
Meine Hoffnung ist unerschöpflich.
Meine Lust zu Lernen kennt keine Grenzen.
Manches, das mir helfen sollte, im Leben zurecht zu kommen, ist eine Last. Ich träume von Lernorten, an denen jeder Mensch alles lernen kann, was von Interesse ist, und an dem Menschen ihr Wissen teilen. Dann müsste ich nicht all die Ordner und Bücher und Eingabegeräte mit mir rumschleppen. Dann wäre meine Wohnung ein Schlafplatz. Wir könnten uns an öffentlichen Orten treffen oder allein sein wie wir wollen. Wir müssten nicht mehr diese riesigen zugebunkerten Häuser haben, in denen Menschen leben, die Angst haben, ausgeraubt zu werden.
Jeder darf alles.
Keiner darf zu jeder Zeit alle.
Niemand kann genötigt werden, etwas zu tun, dass ihm zuwider ist.
Alles ist möglich, weil wir teilen.
Zuviel Gesprächsführung und Seelsorgeausbildung machen einen dull. Da hält man lieber mal die Klappe, wenn wieder jemand ausfallend wird, weil es ermüdet, die Zusammenhänge dieser Wutausbrüche zu erkennen und zum hundertsten Mal erklären zu müssen. Zumal nicht jeder wirklich von den Fleischtöpfen Ägyptens weg will.
Zu meinen morgendlichen Lektüren beim Kaffee gehört Twitter. Man weiß, worum die Welt sich grade dreht, wenn man durch ist. Manchmal bleibe ich an einer Aussage hängen, weil sie so stimmig oder herausfordernd ist. Oft schweige ich auch da.
Heute geht es um Ehe für alle. In Berlin steht die Welt unter Wasser. Die Sintflut wird als Bild bemüht. Das ist nicht immer witzig gemeint. Manchmal komm ich einfach nicht dahinter, wie etwas gemeint ist. Katholiken schreiben dies und das bei Twitter. Die einen stehen klar bei den offiziellen Äußerungen der Kirche. Ich herzte einen Tweet, der meine Überzeugung formuliert:
Ich bin entsetzt über die offiziellen Äußerungen meiner Kirche zum Thema Ehe für alle.
Aber die Tweets zeigen auch, dass das Thema Hass im Netz angegangen werden muss. Evangelische Mitchristen schlagen vor, doch die Kirche zu wechseln. Das ist noch nicht Haß, aber zumindest unüberlegtes Mitreden. Auch hier zeigt sich wieder die Vielfalt unserer Kirche. Es ist nicht leicht zu erklären, was katholische Kirche eigentlich ist - auch den eigenen Leuten nicht. Dass es Klarheit gibt und wir doch davon ausgehen, dass der Geist weht, wo er will, und Gott unverfügbar ist. Darum sollten wir die urjüdische Tugend des Lehrhauses pflegen und miteinander disputieren. Wir sollten kämpfen, als müsste jeder und jede Recht behalten. Wir sollten dies tun, indem wir einander zuhören und die Standpunkte der Mitmenschen verstehen lernen. In allem sollten wir niemals aufgeben, einander die Liebe schuldig zu bleiben. Diese Gewißheit sollte jeder von uns im Herzen tragen.
Aber nicht jedem Mitmenschen ist das Lehrhaus genehm. Verkaufsoffener Sonntag. Burgerbude. Freizeitpark. Wohlstand. Dabei sein. Dazu gehören. Es gibt eine Fülle an Fleischtöpfen, die wir gern umtanzen - dabei sollte klar sein, dass dieses "wir" aus Menschen besteht, die nicht in allem einer Meinung sind. Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass Menschen an der Bushaltestelle in zufälligen Gesprächen immer einer Meinung sind? Wahrscheinlich sind sie es gar nicht. Aber es geht auch nicht um das Gesprächsthema, sondern um das Dazugehören, das Wir-Gefühl. Wenn ein Thema nicht klappt, wird schnell gewechselt. Wenn jemand in eine Außenseiterrolle gerät, hört er einfach zu, statt seinen Standpunkt zu verdeutlichen. Das Lernen ist gesellschaftlich nicht verankert. Das Dazugehören aber wohl. In dieser Gefahr steht auch unsere Kirche in Deutschland.
Wo die Kirche in der Öffentlichkeit einen Standpunkt einnimmt und sich klar positioniert, muss der Einzelne in ihr immer noch seinen Standpunkt suchen und einnehmen. Das sollte klar sein.
Wir können Menschen heute auf zielgruppenorientierte Weise erreichen. Aber Kirchengebäude sind noch so konzipiert, dass ein Altarraum erhöht ist, weil er von allen gut gesehen werden soll. Die Kanzel ist in manchen Kirchen noch ein wenig höher als der Altar. Das Wort musste wegen der Akustik von oben gepredigt werden. Die von Luther propagierte Dreiheit aus Kanzel, Altar und Orgel führt falsch verstanden zu Disziplinierung der Gemeinde statt zum Verständnis der Liturgie.
Wenn heute ein Priester an die Kanzel tritt oder auf die Kanzel steigt, predigt er sein Wissen und Glauben einer Gemeinde, die aus Individuen besteht, die verschiedene Vorrausetzungen mitbringen: Lebenserfahrung, Alter und Bildungsstand machen es unmöglich, einer Sonntagsgemeinde zu predigen. Ist es anders, stimmt mit der Gemeinde was nicht.
Die ersten Christen nahmen noch an Gottesdiensten ihrer Ursprungsgemeinschaften teil, bevor sie sich ganz dem Christentum zuwandten und aus und in ihm lebten. Weil es zunächst noch keine Kirchen gab, versammelte man sich in Wohnhäusern. Menschen mit Status und Räumlichkeiten konnten ihr Hab und Gut zur Verfügung stellen. So entstanden Kirchen, die die Tradition der jüdischen Gemeinden immer mit sich führen.
Die ersten Kirchen waren Versammlungsräume mit Altar. Man pflegte Wort und Gesang und die Erinnerung an das Opfer von Jesus Christus. Daraus entsteht die Liturgie, die Menschen miteinander feiern. Diese Liturgie entspricht der Zeit, in der sie leben. Beispielsweise hieß es lange Zeit: "Die Messe lesen." oder "Die Messe hören." Heute sagen wir: "Die Messe feiern."
Ein Blick in die Kirchengeschichte zeigt, dass Kirchengebäude in unterschiedlicher Gestalt erkennbar sind. Viele Menschen suchen beeindruckende Kirchen wegen ihrer Architektur auf. In den gleichen Gebäuden finden sich Menschen zum Gebet. Wenn heute ein Priester in einer katholischen Kirche am Mikrofon steht und predigt, steht er an einer Kanzel und redet wie ein Vortragender. Die Menschen in der Gemeinde hören zu. Aber lernen sie auch? Das Lernen ist als Lebensform in einer Entwicklung, die die Politik nur schwer mitvollziehen kann. Unser Schulsystem ist genau so in der Kritik wie unsere Formen des Kirchenlebens. Beides ist schwer zu verändern, weil es alten Gewohnheiten entspricht, die uns zwar belasten, aber an aktuelle Erfahrungen des Lernens und Glaubens können wir als Kirche oder Schule nicht leicht anschließen. Wer aus Interesse lernt, kann sich heute selber informieren. Das ist sicherlich auch eine Frage des Temperatemtes und des Bildungsstandes.
Christen finden an allen Orten Plätze oder Gebäude, die Möglichkeiten zu Gebet und Gottesdienst bieten.
Informationen sind für alle zugänglich. Lernen ist für alle möglich.
Man nimmt nicht mehr an Veranstaltungen der Kirche teil, sondern gestaltet interessegeleitet mit, so dass alle Menschen sich als lebendiger Teil der Kirche erfahren können.
Bald redet niemand mehr von oben. Bald antwortet niemand mehr, ohne gefragt zu worden zu sein. Wer früher predigte, macht sich heute auf den Weg in eine unübersichtliche Gemeinde und sucht Gemeindemitglieder (und alle Menschen) in ihren Lebensräumen auf. Dabei wird deutlich: Die Lebensräume des ehemaligen Predigers sind die Lebensräume aller Mensch (Wir gehen alle einkaufen, wir machen alle Sport, wir sehen alle fern, ... .) . Der Begriff Mission verliert seinen Schrecken, denn Mission ist eine Notwendigkeit, die aus Begeisterung und Liebe wächst. Niemand wird bedroht oder eingefangen. Kirche wird attraktiv, weil sie eine Kirche der Menschen ist. Kirche motiviert, weil sie mit einem erfrischten Dasein Menschen zum Erfragen der Botschaft motiviert.
Manche Sätze gehen einem nicht mehr aus dem Kopf. Die Überschrift klingt harmlos, aber in meiner Erinnerung ist sie ein echter Aufreger. Unser Klassenlehrer sagte diesen Satz immer dann, wenn es etwas zu erklären gab und wir ihm zu träge waren. Wir waren eine Mädchenklasse und ich nahm alles wörtlich. Eines Tages ging ich zu ihm und fragte, wie aus einem Mädchen ein Junge wird. Die Frage war nicht ganz ernst, aber seine Antwort interessierte mich. Damals war ich so ungefähr 12 Jahre alt. In Erinnerung bleibt mir, dass er nach einer Antwort suchte, die originell sein sollte. Sie war leider so substanzlos, dass ich sie nicht behalten habe.
Wie ändern sich Dinge und wie kann man Dinge ändern?
Wie lebt Leben und wie kann man Entwicklungen beeinflußen?
Wie viel Beeinflußung ist möglich oder auch nötig?
Wann ist ein Eingreifen geboten und wann ist es zweifelhaft?
Wer hat das Recht, Veränderungen an Entwicklungen durchzuführen?
Wer beurteilt, ob Dinge gut laufen?
Was ist das Ziel?
Warum machen Veränderungen Angst?
Unter welchen Umständen machen Veränderungen auch Lust?
Manche Sätze reitzen zu dummen Witzen. "Ich war jung und brauchte das Geld." Jungsein wird mit allerhand Dubiosem und Unerhöhrtem in Zusammenhang gebracht. Man lässt der Jugend ihren Lauf ("Da gibt es ein Lied." Auch so ein Satz unseres Klassenlehrers).
Wenn wir nicht mehr jung sind, sind wir ... was? Was sind wir mit 55+? MILF? Scheintot?
Wir waren jung und hatten das Leben vor uns. Jetzt sind wir mittendrin (egal, wie jemand rechnet: ich bin mittendrin). Zu meinen Ideen und Sehnsüchten kommt meine Lebenserfahrung. Dazu gehört die Erfahrung wechselnder Heilsversprechen. Dies und das und jenes und immer wieder, Bücher, Kurse, Etiketten auf bleibenden Problemstellungen. Mit großer Begeisterung bin ich in Konzepte eingestiegen und kann nicht sagen, dass ich nun desillusioniert sei. Es lebt sich gut mit Lebenserfahrung.
Von jetzt aus kann ich Einiges über mein Leben schreiben. Immer noch ändert sich das Eine oder Andere. Das wird meinen Mitmenschen nicht anders gehen. Die Frage ist nur, ob wir diese Entwicklungen erleiden oder mitgestalten. Beispielsweise ist die Entwicklung im Bildungswesen unseres Landes rasant, aber leider nicht für alle. Und sie wird unterschiedlich wahrgenommen und bewertet. Darum treffen Politiker Entscheidungen, die von anderen nicht verstanden werden. Das Etikett Inklusion wird mittlerweile in der Behindertenszene abgelehnt. Behindertenseelsorger zerbrechen sich den Kopf über ihre Berufsbezeichnung, weil sie längst aus der Schräglage Helfende <-> Hilfsbedürftiger raus sind. Seelsorge auf Augenhöhe wird aber nicht von allen verstanden. Komplettieren Sie selbst.
Zeiten, in denen ein Mensch lebt, sind immer wild, denn das Leben ist permanent in Entwicklung, nie bleibt etwas wie es ist, immer lernen wir. Es ei denn, wir strebten Nichts als dem Tod entgegen. Wer jemand ist, sollte nicht in Frage gestellt werden dürfen von einem anderen Menschen. Außer es handelt sich um eine gesellschaftliches Problem (Gewalt, sozialer Zusammenhang, sowas eben). Aber wenn ein Kollege sagt, er sei fremdbestimmt, frage ich mich schon, was er all die Jahre in seinem Hirn veranstaltet hat. Kann man sich als fremdbestimmt empfinden, wenn das Leben an sich wild und unplanbar ist?
Ich bin gespannt, wie sich alles entwickelt. Dabei sitze ich keineswegs unbeteiligt und unanreifbar rum und ich bin mir im Klaren darüber, dass meinen Einflußmöglichkeiten Grenzen gesetzt sind. Das ist gegeben. Das ist so und ich bedauer das nicht, denn auch allen anderen Menschen sind Grenzen gesetzt. Die anderen und ich bewegen das soziale Gefüge in dem wir leben. Dass wir Christen kein Unkraut zupfen sollen, ist schwer auszuhalten in manchen Situationen, aber eine gute Idee, weil sie entlastet. Wer ich bin, läßt sich nicht ändern. Was ich kann, kann ich durch Lernen erweitern. Das Leben aber bleibt immer größer als ich - ob ich ein Mädchen bin oder ein Mann.
Seit mehr als 30 Jahren bin ich nun Gemeindereferentin im Bistum Essen, aber so was Entspanntes habe ich unter uns Kollegen und Kolleginnen selten erlebt. Man kommt im Kardinal-Hengsbach-Haus an und gerät in das übliche Wiedersehensszenario. Es gibt Kaffee, Tee und Kekse. Innerhalb weniger Minuten bilden sich Grüppchen, die frei fließend inneinander übergehen. Wir nennen uns "Berufgsgruppe". Niemand wird gemoppt. Niemand ordnet alles. Wir wussten ja im Vorfeld schon, wie der Ablauf ist, so dass alle zur rechten Zeit in der Aula sind.
An mehreren Stellwänden werden Fragen gestellt und Impulse gegeben, die unsere Gespräche auf berufliche Fragen fokusieren. Wir schreiben unsere Anliegen darauf. Später werden wir mit Klebepunkten die Aussagen werten.
Die Gespräche sind teils Smalltalk, teils sehr labil. Es bedarf hoher Empfindsamkeit, wenn man sich einer Gruppe nähert, neugierig auf Themen und neue Inhalte. Aber wir sind alle Seelsorger oder Seelsorgerinnen. Wir gehen sorgsam miteinander um. Schön auch: die Blickkontakte - kaum wiederzugeben in Worten.
Vor mehr als dreißig Jahren konnten nur Frauen im Bistum Essen Gemeindereferentinnen werden. Es gab zwar schon Männer in der Ausbildung, aber ... ach, die sollten doch besser Priester werden.
Aus unserem Sprecher/innen/kreis sind alle Anwesenden in die Organisation des Diözesantages involviert. Unsere Diözesanreferentin, Frau Ingeborg Klein, die üblicherweise "den Hut aufhat", ist noch bei einer Sitzung der K IV der DBK (aber das wäre ein weiterer Blogbeitrag). 4 Kolleginnen bilden ein Moderatorinnenteam. Die Geschmeidigkeit des Ablaufes ist verblüffend. Sie gehen freundlich und zugewandt umher. Man merkt gar nicht, dass sie den Prozess steuern.
Da Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck anwesend ist, feiern wir gemeinsam eine Heilige Messe. Dazu gibt es nicht viel zu schreiben: Das ist wohltuend. Das ist Gebet.
Aber das bereits ist etwas Erwähnenswertes. Wie so einiges andere.
@BistumEssen @bischofoverbeck und Stefan Glaser macht Musik
— D. Janssen (@fraktalerror) 29. Mai 2017
Zum Beispiel dies: Ein Messdiener in kurzen Hosen. Ja. Das mag den einen oder anderen reizen. Aber bedenken Sie: Es war heiß am 29. Mai 2017 und wir waren unter uns und der junge Mann sah nicht anstößig aus, er war sauber und angemessen gekleidet. Die kurzen Hosen fallen nur deswegen auf, weil sie eine Veränderung bildlich verdeutlichen: Jede/r von uns ist so wie er /sie ist da. Es gibt eine neue Qualität von Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeiternehmer und unter uns Christen.
Das Leitungsteam moderiert die Ergebnisse der Pinnwände. Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck nimmt Stellung. Es ist der Montag nach dem Kirchentag in Berlin-Wittenberg. Wir sprechen über Befürchtungen (bei denen wir beginnen) und dem, was uns gut tut. Was brauchen wir? Diensthandys und Dienstwagen. Zu dem Zeitpunkt sind sowohl Frau Klein als auch der Personalchef Herr Domvikar Dr. Kai Reinhold anwesend. Natürlich wird gelacht, aber es wird auch über die Zusammenhänge dieser Anfrage gesprochen: Im Sauerland gibt es weite Wege. Mit unseren Handys sind wir ständig erreichbar. Wie grenzt man sich ab. Bischof Overbeck macht uns Mut. Er stehe hinter uns, sagt er. Eine Kollegin interveniert, es sei immer die Situation vor Ort, die wir zu bewältigen haben. Bischof Overbeck bestätigt das. Er habe Vertrauen in unsere Fähigkeiten. Wir haben ja wirklich persönlich ausgeprägte Charismen und seien dennoch Generalisten. Er skizziert für uns die Zeiten der ungleichzeitigen Umbrüche und betont noch mal, dass er für uns ansprechbar ist.
Im Plenum brauchen manche Kollegen und Kolleginnen ausufernde Ich-Aussagen. Es geht im Sehen und Gesehen werden. Es geht um Positionierung und Karriere. Wir sind aber ein pastoraler Beruf. Das wird bei diesem Diözesantag sehr deutlich.
Aus eigener bitterer Erfahrung nimmt unser Bischof zu Social Media Stellung. Jeden Abend nimmt er sich 1 Stunde Zeit dafür. Das ist mehr als die meisten von uns sich nehmen und weniger als die Strategen der Social Media an Zeit dafür haben. Ich bin die einzige, die twittert. Heute morgen ist mir das etwas peinlich, denn ich dominiere die Timeline des Bischofs, aber das wird sich bald ändern. Das ist ja das Gute an diesem schnellelbigen Medium. Eine andere Kollegin hat Fotos auf unsere Facebook-Seite gepostet. Das wurde von 12 Personen gelikt (bis jetzt).
Ein neues Wort macht die Runde: Wut-Katholiken. Wir kauen das Wort öffentlich durch. Jemand hat es aufgeschrieben. Es ist traurig, aber es muss benannt weden. Wir brauchen Raum und Zeit, mit dem Phänomen umzugehen. Allgemeine Ratlosigkeit. Wir arbeiten dadran.
Es geht natürlich auch um den Sozialraum. Kirche ist nicht mehr Gemeinde für die meisten Christen. Auch unser Beruf ändert sich entsprechend. Wir kauen das durch. Beispiele gelungener Dialoge zwischen politischer Gemeinde und katholischer Gemeinde machen die Runde. Ökumene kommt zur Sprache. Wir alle haben Erfahrungen damit, dass Menschen ihre Wege selber suchen. Bei den Abgehängten finden wir die Wut-Katholiken. Bei den kulturell Kompetenten finden wir Menschen aller Glaubensrichtungen und Agnostiker, die mit uns unterwegs sind. Seltsam, dass das so gesagt werden kann. Mir kommt es richtig vor, denn ich erlebe es so.
Ob es beim Grillen zum Abschluß auch was für Vegetarier gibt? Es bildet sich eine lange Schlange, alle mit Teller, Gabel, Messer, Serviette in der Hand. Auch das Abendessen ist sorgfältig vorbereitet. Der Domvikar verteilt die Getränke an den Tischen. Er findet, er sei immer noch Diakon. Grüppchen bilden sich nicht als Form des Ausschlußes, sondern als Notwendigkeit. Man will ja essen. Da muss man sitzen. Wir sitzen irgendwie beieinander. Die Raucher sitzen am Rand. Es gibt tatsächlich Grillkäse.
Unsere Gespräche drehen sich weiter um Sozialräume, Kirchenentwicklung, Sozialräume, Spiritualität und alles. Eine Kollegin erzählt von einem komplett neuen Stadtteil, der in ihrer Pfarrei auf einem stillgelegten Industriegelände entsteht. Ein Kollege erzählt von der Sozialkirche, die nicht ganz so wird wie geplant, weil Ehren- und Hauptamtliche und die Entwicklungen nicht so steuerbar sind wie erwartet. Ich komm gar nicht dazu, von Inklusion zu erzählen, weil das alles ja schon Inklusion ist.
Was ist eigentlich dieses "digitale Kirche"? Smartphones, Jugendliche mit zukünftigen Nackenwirbelproblemen, leere Kirchen, ... oder doch eher etwas kompetentes, zukunftsorientiertes, erfreuliches? Der Begriff taucht bei Twitter immer wieder auf. Aus Zusammenhängen in Blogs kann ich nicht erkennen, was genau gemeint ist.
Die Nerds in katholischen Kreisen Hauptamtlicher betonen gerne, man könne Jugendliche mit Aufgaben am Computer betrauen. Ich bin da nicht so sicher.
Letztens packte ich eine Frage computertechnischer Art in eine längst verstaubte WhatsApp-Gruppe ehemaliger Firmlinge, die nur noch lebt durch Meldungen, wer die Gruppe verläßt oder tapferer Veranstaltungshinweise meinerseits. Auf meine Frage antwortete eine Dame aus der Gruppe, sie habe leider keine Ahnung. Sie ist eine Nette. Wir sind auf Instagram verknüpft, haben aber ansonsten nichts miteinander zu tun. hm. Wirklich nicht? Sie geht nicht in die Kirche. Ich sehe sie selten. Ihre Bilder sind schön. Sie postet viel über gemeinsame Erlebnisse. Tolle Sache. Wir haben wohl doch was miteinander zu tun, wenn sie doch antwortet.
Im Linienbus. Ein ehemaliger Firmling derselben Gruppe steigt ein. Er steckt im Abi. Neuerdings immer mit so Riesenkopfhörern auf den Ohren. Wir grüßen einander immer freundlich. Nicknick. Fertig. Er lehnt sich lässig an den Handlauf. Ich sitze weiter hinten und schaue in die Gegend. Auf einmal setzt er sich in Bewegung, kommt, setzt sich neben mich und schwups sind wir in einem Gespräch über mein technisches Problem. Er erzählt von seinen Projekten und ich zeige ihm einen Blogbeitrag zu dem Thema, das mich bewegt. Er will sich das mal angucken. Tschüsstschüss. Ich bin verblüfft.
Wenig später sitze ich mit Freifunkern in der Kneipe. "Ach, du bist von der Kirche?" Einer outet sich als ehemaliger Pfadfinder und erzählt ganz begeistert von einem ehemaligen Pfarrer, der ganz plötzlich starb und seitdem geht alles bergab. Ich muss mich jetzt zusammenreißen. Ich könnte jetzt eine Art Presseerklärung unserer Pfarrei abgeben, aber verzichte darauf. Man redet und redet und ich bin schon wieder verblüfft. Man erzählt von der Flüchtlingshilfe, für die man in Gemeindehäusern Chromebooks und Router bereitstellt. Traurig nur: die Router werden nur für den Deutschunterricht angestöpselt. Ansonsten ist da ein roter Punkt auf der Karte. Was soll ich sagen? Die Gemeinde, von der die Rede ist, leidet an ihren Hauptamtlichen. Der junge Mann hat recht: sie gehen alle weg. Es wäre vorausschauend von dem verstorbenen Pfarrer gewesen, wenn er seine Pastoral mit Ehrenamtlichen ausgestattet hätte und nicht alles auf sich fokusiert worden wäre. Er ist weg. Wie als wär beim Jenga der falsche Stein gezogen worden. Im Kreis der Freifunker verabrede ich, mit den Kollegen zu reden. Aber auch den Freifunkern würde ich gerne eine neue Sicht auf Kirche vermitteln: Wir sind Kirche. Das muss in die Köpfe und die Herzen. Einerseits soll alles modern sein, andererseits soll der Pastor es richten. Wie kann man das ändern?
Der junge Mann erzählt von seiner Oma, die nicht mehr in die Kirche kann und die bei einem gestreamten Gottesdienst bestimmt voll abgehen würde.
Der Kollege trägt sein schwarzes Ringbuch bei sich und ich mein Tablet. Er findet es seltsam, dass ich ein Tablet auf einer Beerdigung bei mir trage. Ich nicke nur. Es braucht alles Zeit. Die Familie, die ihren Sohn, Bruder, Cousin zu Grabe trägt, interessiert sich nicht für die Mittel und Methoden. Ein bißchen hängen sie immer noch an bestimmten Zeichenhandlungen. Aber sie sehen weder das Ringbuch, noch das Tablet.
Ein Messdienerleiter im Rollstuhl kann wegen langwieriger Erkrankungen schon länger nicht in die Kirche kommen. Sein Nachbar zieht ihn auf, er müsse doch in die Kirche, schließlich sei er katholisch. Mindestens 7 Jahre war er jetzt nicht mehr in einer katholischen Messe.
Wir treffen uns, um das neue Gotteslob anzuschauen. Wir sehen uns das Inhaltsverzeichnis an und finden das Glaubensbekenntnis in 2 Versionen an 2 verschiedenen Stellen. Wir sehen "Tagzeitenliturgie" und ich erzähle von Twitter, Twaudes und Twomplet und er sagt, er bete lieber persönlich. Ich versuche zu erklären, wie wir bei Twitter beten, aber er geht nicht darauf ein.
Später denke ich, dass das Digitale an der Kirche genau so wie das Eucharistische ihm nicht geläufig sind.
Für Menschen mit Behinderung ist das Internet genau so wie die moderne Computertechnik eine Chance zur Teilhabe an einem gesellschaftlichen Leben, das noch nicht von allen in unserer Gesellschaft als Normalität empfunden wird. In meinem Verständnis von dieser digitalen Kirche gibt es kein Richtig oder Falsch. In vergleichbarer Weise kann jeder Mensch an Twitter teilnehmen. Wenn ich einen Tweet lese, lese ich diesen Tweet. Von dem, der ihn tippte oder einsprach, weiß ich nur, was er preisgibt von sich. Es ist mir gewöhnlich auch nicht wichtig.
Inklusion und Teilhabe fokusieren auf die Gesamtheit der Gesellschaft.
Die digitale Kirche steht als Begriff neben evangelische Kirche, katholische Kirche, Freikirche, ... und meint doch etwas ganz anderes.
Was mir gut an Inklusion und Teilhabe und digitale Kirche gefällt, ist ihre Unfaßbarkeit und Weitläufigkeit, das Interesse, die Begeisterung, das Verwischen der Hindernisse zwischen Teilnehmern und Teilgebern. Beiden ist eher eine Haltung eigen als eine Definition.
Herr A wohnt seit einem Jahr in einem neuen Wohnhein in einer neuen Stadt. Fußläufig ist die katholische Kirche 15 Minuten entfernt, aber es gibt vielbefahrene Straßen mit schnellen Autos. Da niemand die Zeit aufbringt, mit ihm zu üben oder ihn zu begleiten, kann er nicht in die Kirche.
Gründonnerstag 2017 sind wir zum ersten Mal gemeinsam in die Marienkirche gegangen, denn die hat eine Rampe. Die schwere Eichentür kann selbst ich nur mit Mühe öffnen. Aber vor uns ging ein Mann mit Rollator hinein, dessen Begleiterin uns die Tier offenstellte. Dann standen wir vor der Schwingtür. Sehr wenig Raum zwischen Schwingtür und Eichentür. Das würde später beim Rausgehen schwierig werden.
Herr A ist geistig behindert und sitzt im Elektro-Rollstuhl. Er kann ihn zwar steuern, aber es fällt ihm schwer, etwas mitzuteilen. Wenn er Probleme mit der Steuerung hat oder nicht sieht, wo er hinfährt, sagt er das nicht. Das muss seine Umgebung schon selber merken.
Wir suchten uns einen Platz in der Kirche, die groß und weitläufig ist, hoch und mit viel Platz in den Gängen. Der Vorteil: Ein Rollstuhlfahrer muss nicht vorne vor er ersten Reihe oder hinten am Ausgang sitzen. Herr A saß in einem Zwischengang, ohne dass wir beim Kommuniongang den Weg versperrten.
Der Mann mit dem Rollator tauchte im Meßgewand im Altarraum auf. Ein behinderter Diakon. Das ist für Herrn A eine wichtige Erfahrung, die ich zu einem anderen Zeitpunkt gerne mit ihm im Gespräch verdeutlichen möchte. Er ist kein Außenseiter mehr, wenn er Hilfe benötigt. Im Altarraum waren erwachsene Meßdiener an seiner Seite, die offensichtlich nicht dazu abgestellt waren. Man ging einfach aufmerksam miteinander um.
Nach dem Einzug ging der Pfarrer erst einmal ans Ambo. Er bat die Gemeinde, sich einen Augenblick zu setzen. Dann erklärte er die Bedeutung des Triduums und bekannte, er sei aufgeregt, denn dies sei sein erstes Osterfest in dieser Gemeinde. Er freue sich, dass sein Team dabei sei und stellte die Geistlichen mit Namen vor.
Die Gemeindemitglieder saßen bis auf wenige Ausnahmen stocksteif da. Wer sich kannte, begrüßte sich, man redete miteinander, aber kaum jemand nahm freundlich Notiz von den anderen. Anders im Altarraum: kleine und große Meßdiener wirkten entspannt und hatten offensichtlich Freude an ihrem Dienst. Die Kleinen waren sicherlich aufgeregter als der Pfarrer, aber alle strahlten in Körperhaltung und Mimik etwas aus, das der Gemeinde fehlte. Hier versteinerte Gesichter, da erwartungsfrohe Gesichter.
Herr A saß einfach in seinem Rollstuhl. er bewegte sich kaum. Aber es ging ihm gut. Er schlief nicht ein (was auch manchmal passiert) oder spielte mit seiner Steuerung rum. Wir kennen keine Gemeindemitglieder. Vielleicht haben wir mal die Möglichkeit, an einer Versammlung teilzunehmen. Dann ergeben sich möglicherweise auch Kontakte.
Der Pfarrer hatte angekündigt, es werde aus gutem Grund die Kommunion in beiderlei Gestalt gereicht. In seiner "Heimatgemeinde" bringen die Kommunionhelfer Herrn A die Hostie zum Platz. Ich war gespannt, ob wir nach vorne "gehen" würden und wie die Kommunionhelfer damit umgehen würden.
Es gab 4 Teams von Kommunionhelfern: jeweils 1 Mensch mit Hostienscha le und einer mit Kelch. 2 Teams kamen in den Zwischengang und hatten nun ein wenig Probleme mit dem dicken E-Rolli, denn geprobt hatten sie natürlich ohne dieses Ding. Die Gemeindemitglieder hatten offensichtlich Probleme den Rollstuhl wahrzunehmen, denn sie umrundeten ihn sehr umständlich. Die beiden Kommunionhelfer gingen zu Herrn A und der mit der Hostienschale reichte ihm die Kommunion und stellte sich dann an den Platz, an dem sich bereits eine Reihe von Kommunikanten aufgestellt hatten. Der mit dem Kelch fragte mich, ob ich auch die Kommunion wünsche. Ich bejahte und er sagte seinem Kollegen Bescheid, der noch mal rüberkam. Dann bekam ich den Kelch gereicht. Ich fragte Herrn A, ob er auch den Kelch wünsche und er nickte. Der Kommunionhelfer beugte sich vorsichtig zu ihm, kam dann aber nicht recht weiter, da Herr A überhaupt nicht reagierte. Ich nahm dem Kommunionhelfer den Kelch ab und reichte ihn Herrn A. Dann ging alles normal weiter.
Die beiden Kommunionhelfer waren auch die, die im Altarraum das meiste mit dem Diakon (dem Mann am Rollator) zu tun hatten. Ungewöhnliche Situationen erfordern erhöhte Aufmerksamkeit und ungewöhnliche Wege der Kommunikation.
Wir mussten direkt nach dem Schlußgebet raus, denn das Wohnheim bietet nach 22 Uhr keinen Service mehr für die Pflege. Das war ganz gut, weil wir bei der Prozession zum Seitenaltar gewiß im Weg gestanden hätten.
Herr A wirkte entspannt und zufrieden. Der Heimweg verlief erwartungsgemäß nicht ganz problemlos, weil wir eine Ampel zu nutzen hatten, deren Grünphase selbst ich nicht schaffe. Herr A braucht Zeit, bis er die Erkenntnis, dass grün ist, in eine Handlung umsetzen kann. Darum mussten 2 Ampelphasen vergehen, bevor wir den Mittelstreifen erreicht hatten. Der Problem am 2. Abschnitt der Straßenüberquerung war ein Auto, dass bei Rot auf uns zufuhr. Ich wedelte wild mit den Armen und wir hatten nochmal Glück. Abgesenkte Bordsteine sind nicht immer so abgesenkt, dass ein entspanntes Fahren möglich ist. Da ist beim Städtebau noch viel Luft nach oben. Andererseits wird sich vieles durch Training und gute Rollstuhlversorgung meistern lassen.