Sie können auf der Website des Bistums Essen nachlesen, wie es war.
Und dann können Sie hier lesen, wie es mir erging.
Philharmonie
Der Ort war wunderbar gewählt. Wir wurden freundlich vom Personal empfangen, hohe helle Räume, Stefan Glaser am Klavier im Saal, erste Gespräche unter Kollegen und Kolleginnen, Kaffee, Tee, kleine Croissants. Es hatte am Morgen in Strömen geregnet. Ich war in Regenmontur zum Treffpunkt unseres Pastoralteams gekommen. Aber die Philharmonie ist so ein Ort, direkt am kleinen Essener Stadtpark gelegen, der gediegen und edel und wohltuend auf die noch müde Seele wirkt. Herrliche Akustik für Musikliebhaber. Das Bistum Essen hatte WLan bereit gestellt, es gab Steckdosen für ausgepowerte Geräte und immer wieder das aufmerksame Personal der Philharmonie.
Das Programm
Es lässt sich alles nachlesen. Nur wie es wirklich war, weiß man wirklich nur, wenn man dabei war. Es ist wie Fußball. Die Atmosphäre hat man nur im Stadion. Im Verlauf des Tages wurde die wahrhaft überirdische Leistung der Vorbereitenden wirksam, denn wir sprachen miteinander, wir kamen durch Methoden und die richtigen Wechsel aus Pausen und eine gut getaktete Moderation in Fahrt.
Musik, Gebet, Austausch, Essen, eine mobile Kaffeebar in der Pause !, die Sonne kam raus (kann man nicht planen), ein durchgestyltes Programmheft mit pfiffigen Idee für Kreativität.
"Alle miteinander, so die Großen als die Kleinen"
Von der Flitzlicht-Runde am Schluß, bei der 350 Menschen in 3 Worten ihre Verfassung dem Plenum miteilen konnten, konnte man mehr erfahren von allen, als es in einzelnen, intensiven oder oberflächlichen Gesprächen möglich wäre. Sie kennen das. Wenn die Ansage kommt, überlegen die einen, was sie Originelles äußern können und die anderen wollen das Mikro auf jeden Fall weitergeben. Aber dann geschieht in den ersten Minuten etwas, das es in Social Media gibt:
Meine Äußerung ist Teil eines Dialoges: abstrakt das Komplizierte fassen.
Die ersten gaben noch tapfer drei Worte von sich, dann kamen die ersten Ausrutscher in Zitaten oder Sätzen oder so. Und manchmal musste man schon lachen. Und manchmal war das Gehörte so bemüht, dass es den Sauerstoffgehalt im Saal arg reduzierte. Applaus erntete die Aussage "Satt in kleinen Häppchen", denn beköstigt wurden wir, wie es an solchen Orten üblich ist. Das ist nicht jedermanns Sache. Spaßig auch die Mitteilungen der jungen Kollegen und Kolleginnen, die schlicht beeindruckt von der Kulisse schienen, aber sich nichts anmerken lassen wollten. Oder die anderen, die gekommen waren, um die neue Zeit einzuläuten. Traurig die Äußerungen derjenigen Geistlichen, die in wenigen klugen Worten sagen wollten, dass es ihnen zuviel ist und sie lieber wieder in ihre Gemeinde wollen und dass die Dinge nun mal so sind wie sie sind.
Wie werden wir mit den Eindrücken im Dialog bleiben? Es wurde das Intranet eröffnet. Das geschah nicht mit großem Hallo. Nur eine Mitteilung. Nur ein Hinweis auf eine Mail mit den Zugangsdaten, die wir im Laufe des Tages erhalten würden.
Und Thema war natürlich die Ernennung eines Priesters zum zweifachen Pfarrer. Er bekam jüngst zu seiner Aufgabe als Leiter einer Pfarrei noch eine zweite Pfarrei dazu. Allgemeines ständiges Gegrummel unter den Kollegen über Karrieregeilheit. Er war in einer ersten Plenumsrunde derjenige, der Risiko als Chance begreifen wollte.
1000 Themen wurden genannt, kurz beschrieben, an Pinnwände geheftet. Die Verantwortlichen werden das alles auswerten müssen. Die 1000 Themen kann man alle ordnen. Man kann Überschriften suchen für gruppierte Themen. Das wird geschehen müssen. Sonst kommen wir nicht weiter. Wir müssen die Maschine bei laufenden Motor reparieren, sagte einst Altbischof Luthe. Das sah man vielen Gesichtern an. So viele Themen. Darunter die üblichen: Überlastung, Ehrenamt, die Menschen. Da könnte ich was zu sagen. Soll ich? Den jungen Kollegen und Kolleginnen fällt das Äußern leichter. Das merkte man beim Fishpool. So ein Fishpool im Mittelpunkt eines großen Saales. Da wäre ich manchmal gern reingestürzt, um zu widersprechen, habe es aber bleiben lassen, weil irgendwann alles nur noch durcheinander wurde. Immer durcheinanderer. Mir fehlte die Twitterwall mit ihren kurzen Kommentaren, die mir das Druckablassen erleichtern.
Das Improvisationstheater Emscherblut hatte uns nach der Mittagspause mit drei kleinen Stücken erfreut, von denen das letzte mit dem Zusammenbruch der Gemeindereferentin endete. Das war nicht lustig, aber stimmig. Das konnte man auch nicht mehr lustig kriegen. Wir hatten den Schauspielenden Stichworte zugerufen. Sie selber hatten sich vorher unter uns gemischt und zugehört. Im letzten Stück ging es um eine Sitzung, die Kekse waren gestrichen worden, die Gemeindereferentin bringt Selbstgebackenes mit, die alten Kämpfer der Gemeinde wissen, auf eine durchaus liebevolle Weise, alles besser. Der raue Ton des Ruhrgebietes. Wir kennen das. Das kann zu viel werden.
Es wird real gemeckert und gemotzt. Das Mobben und Stimmungmachen hatte der Moderator angemerkt. Es ist tatsächlich ein Problem. Generalvikar Pfeffer bestätigte diese Beobachtung. Sowas tut weh. Dass wir es nicht schaffen, anders miteinander umzugehen, macht mich traurig und wütend und ratlos. Es sind zu viele, die so unüberlegt mit ihren Ängsten umgehen. Frotzeln ist eine Ausdrucksform im Ruhrgebiet. Das kann schon mal aus dem Ruder laufen. Verdammt! Es sind natürlich die Verängstigten, die um sich schlagen und nicht kommunizieren können. Was soll man tun? Das sind in der Regel die, die Ehrenamtliche wertschätzen, indem sie ihnen Aufgaben geben, in eifriger Ignoranz dem neuen Ehrenamtsbegriff gegenüber. Sie kämpfen um ihr Überleben. So wirkt es. Und ich verstehe absolut nicht warum. Haben wir den Kontakt zu Jesus Christus verloren? Glücklicherweise haben wir bei dieser Auftakt-Veranstaltung auch miteinander gebetet.
Auf die Palme bringt mch auch dieses Gequatsche von "die Menschen". Die Menschen dies, die Menschen das, die Menschen wollen, die Menschen haben, wir müssen die Menschen wieder erreichen, ... Wer bin ich eigentlich, dass ich von "die Menschen" rede? Die Abgeklärten unter uns machen weise darauf aufmerksam, dass wir so vielfältig sind wie die Menschen und das es natürlich auch zu Unverständnis kommt, wenn man vom Gleichen redet, aber so sehr unterschiedlich, weil wir geprägt sind und unterschiedliche Erfahrungen haben.
Zuversicht
Am Schluß, bevor es zu Currywurst, Bier und Caféhausmusik auf die Terasse ging, bekamen wir ein Heft mit dem Titel "Zuversicht", das 10 Übungen enthält, die trösten und weiterhelfen.
Ich bin sehr gespannt, wie die Verantwortlichen das Gespräch am Kochen halten. Denn das wäre wichtig. Das ist wichtig. Was soll das Ganze sonst gewesen sein? Wozu ein Auftakt zu einem Gespräch, wenn es dann kein Gespräch gibt, sondern nur noch weitere Veranstaltungen? Das bleibt ein Problem. Denn wir sind nun alle wieder in unseren Arbeitsfeldern. Zwar sollten wir uns auch etwas vornehmen. Für den nächsten Schritt. Aber wie komme ich jetzt mit dem Kollegen ins Gespräch, der nicht sprechen will?
Sehr, sehr, sehr klug gewählt vom Vorbereitungsteam: ein Give-Away mit dem Titel Zuversucht.
Nachwort
Ja, dieser Artikel wimmelt von Insidern bzw. Hintersinn (Tiefsinn?).
Danke! Sehr anschaulich.
Michael Bonert, Oct 21 2017 on twitter.com