Skip to main content
 

hmmm - Für eine Handvoll Pfifferlinge ...

Frohe Ostern allerseits.

Nachdem ich feststellen musste, dass elementary OS keine Easter Eggs versteckt (hmpf; aber ohne den heißen Tipp von Peter hätte ich nicht mal gewusst, was ich in der Konsole einzugeben habe = wo ich wie zu suchen habe), kann es jetzt mit ernsthafteren Dingen weitergehen. Zum Beispiel kochen. Hildegard muss meine Tarte-KreationenVersuche probieren. Die Letzte hatten einen hervorragend knusprigen Boden. Aber, ehrlich gesagt, musste ich ihrer Höflichkeit auf die Sprünge helfen: geschmacksneutral.

Dieses Ostern. Um es mir von der Seele zu schreiben, habe ich mir eine Subdomain eingerichtet. Es steht eben nicht alles im Internet. Da ich in der Regel für die Öffentlichkeit schreibe und mittlerweile kaum noch abseits der Tastatur, musste ich mir eine Schublade (Sie verstehen: eine Subdomain) einrichten, die ein wenig versteckt ist. Manches sehen wir nicht mal auf den zweiten Blick. Auch der Hausvater, der sich auf die Suche nach Pfifferlingen macht, wird hinterher nicht erzählen, was für die Handvoll Pfifferlinge alles passiert ist. Sehr liebevoll nimmt die Familie ihn in ihre Reihen. Wir sollten überhaupt weniger reden, mehr leben (was widerum manch einer meiner Twitterfreunde für zu einfach hält und lieber ausführlich in 240-Zeichen-Dispute ausbricht, die man dann als Thread nachlesen kann).

 

Lassen Sie uns den Paternalismus abschaffen

Das Wort Paternalismus ist mir in den letzten Jahren vermehrt durch Mitarbeitende in der Behindertenhiilfe zu Ohren gekommen, die in Weiterbildungen davon erfahren haben. In diesem Artikel soll es um Paternalismus in der katholischen Kirche gehen. Man sollte meinen, er gehöre dahin. Aber das widerspricht der Taufberufung.

Jedes Wochenende das Kneipperlebnis geistlicher Art. Ein Guß von stockkonservativ und mitnichten am Dialog interessiert und ein weiterer Guß von weltbewegt und den Armen zugewandten Experten des Christentums. In unserer Pfarrei gibt es mehr Gemeinden als Priester im Amt, also reisen ein Student, 3 Pensionierte, ein Pfarrer und ein Pastor umher. Jede Gemeinde hört am Sonntag eine Predigt, die von persönlichen Erfahrungen geprägt ist. Ein Diskurs findet nicht statt.

Der Laie, der die Situation in seinem Sinne ausnutzt

Wir haben vor Ort einen Priester, der an Gott so sehr glaubt und auf Gott vertraut, dass er Konzepte für überflüssig hält. Es gibt einen runden Tisch, an dem Aktive der Gemeinde Dinge beraten wie das Pfarrfest und die Fronleichmansprozession. Wenn man auf kurzem Weg was erreichen will, geht man einfach zum Pastor. Er sagt immer ja. So fand ich am vergangenen Sonntag Flugblätter von Kirche in Not, in denen die Anerkennung von Meðugorje angekündigt wird, nebst einem Flyer, der die Abläufe vor der Kirche in Meðugorje erklärt und Bilder der Menschen zeigt, die die Erscheinungen gesehen haben. Die Faltblätter werden so wenig mitgenommen wie andere Faltblätter. Ein bisschen sauer wurde ich schon, als ich kleine Medaillen für Kinder sah. Sie sind in einer Plastikhülle, in der sich ein kleiner Zettel befindet, mit dem die Kinder zu einem bestimmten Verhalten aufgefordert werden. Auf der anderen Seite des Zettels ist ein Zitat der Marienerscheinung, die sagt, wird würden vor Glück weinen, wenn wir wüssten, was sie alles für uns tun kann.

Im Grunde habe ich nichts dagegen, dass jeder Mensch den Weg zu Gott sucht und findet, der angemessen und zielführend ist. Aber ich habe etwas dagegen, wenn man anderen Menschen sagt, was sie zu tun haben.

Wer das Mikro hat, hat die Macht

Jeder Priester, der in unserer Gemeinde zelebriert, tut das so, wie es ihm richtig erscheint. Am vergangenen Sonntag sagte ein Priester in seiner Predigt, die Kirche stünde auf drei Säulen: Martyria, Eucharistia und Diakonia. Genau da liegt das Problem: Wir focussieren unsere Gottesdienste auf die Eucharistiefeier. Alles andere ist zweitrangig. Der Predigende berichtete von seiner aktuellen Lektüre: einem dreibändigen Werk von Eugen Drewermann, der im liberalen Kapitalismus das Übel unserer Zeit sehe. Selbstredend gab es anschließend verhaltenen Applaus, denn wir haben schon ganz andere Predigten gehört und waren dankbar, dass es so glimpflich abging.

Im Grunde ist nichts dagegen zu sagen, dass einer von dem redet, was ihn bewegt. Aber es ist nicht hilfreich, wenn der Priester der väterliche Leiter des Ganzen bleibt, der immer Recht hat und die Anliegen der Gemeindemitglieder vor lauter Arbeit nicht mehr im Sinn haben kann. Außerdem wird es Zeit, dass wir Wege finden, auf offensichtliche Fehler in dem, was Paternatilsten verkünden, aufmerksam zu machen. Noch besser wäre ein prozessorientierter Diskurs.

Taufberufung und Gremien der Zusammenarbeit

Zu Beginn der Pfarrgemeinderäte in Deutschland waren diese laut Satzung reine Beratungsgremien für den Pfarrer. Seit jener Zeit verlief die Entwicklung unertschiedlich. Die eine Gemeinde wurde von ihrem Pfarrer an der kurzen Leine gehalten, indem Geld für alles Wichtige da war und über Zusammenhänge (Entscheidungswege, Verantwortlichkeiten, Mitwirkungsmöglichkeiten) nicht informiert wurde. Die andere Gemeinde machte ihr Ding und ließ den Pfarrer einen guten Mann sein, musste aber die Scherben ihrer Arbeit mit dem neuen Pfarrer einsammeln, weil der das Ganze anders interpretierte als sein Vorgänger.

Heute wird an manchen Orten wieder mehr über Taufberufung geredet. Es gibt keine höhere Würde als die der Taufberufung. Es gibt unterschiedliche Gnadengaben, die alle zum Aufbau der Kirche/Pfarrei/Gemeinde dienen.

 

An Introduction to Fresh Expressions of Church from The Diocese of St Albans on Vimeo.

In einer unserer Gemeinden wurde ein Tag der Gemeinde begangen. Kein Priester konnte daran teilnehmen. Trotzdem wurde an einem für alle Mitwirkenden wohltuenden Tag mit Gebet, gemeinsamen Zeiten und Workshops das Fehlen eines Pastors bedauert. Kein Wort über die anwesenden und mitwirkenden Laien im kirchlichen Dienst. Immerhin brachte der Arbeitskreis, der diesen Tag geplant und durchgeführt hatte, sich zur Sprache. Ich wünsche den nichtberuflich tätigen Laien ein starken Bewusstsein für ihre Taufberufung und den Wert ihrer Tuns. Und es ist mir ein Anliegen, dass das Reden über die Umstrukturierung unserer Kirche in Respekt und Nächstenliebe stattfindet. Gut, dass da bereits einige unterwegs sind, auf die man weisen kann, mit denen man sich vernetzen kann.

 

"Keine einfachen Antworten auf komplexe Fragen, sondern die Debatte erweitern!"

WDR 5 beim Spülen. Mit halbem Ohr. Dann geht mir dieser Satz nicht mehr aus dem Sinn. Im Podcast finde ich ihn nicht. Es war wohl doch WDR 3. Finde den Satz nicht. Nicht mal an die Sendung kann ich mich mehr erinnern. Aber da gibt es diese Hotline, die ich zum ersten Mal in meinem Leben anrufe, und die sagen mir sehr freundlich, dass eine Mail an die Kulturredaktion der sicherste Weg ist. Ich werde nicht ausgelacht. Das ist was wert.

22. Januar 2018, WDR3, Mosaik, 7.15 Uhr und nicht mehr als die Überschrift dieses Artikels. Eine freundliche Person antwortet mir und hofft, mir geholfen zu haben. Mag sein, dass das alles floskelhaft ist, aber sie haben mir geholfen. Und wie. Abgesehen davon werde ich in meinem Job nicht mit so viel Respekt behandelt. Kunden des Dienstleistunsgunternehmens Kirche werden ... ach, vielleicht doch. Vielleicht steh nur ich dauernd im Weg rum. Dann muss man mich natürlich herumschubsen.

Da hat der Papst doch tatsächlich um Entschuldigung gebeten. Er hatte bei einer Pressekonferenz eine Frage nach der Vertuschung von sexuellem Mißbrauch in Chile mit dem Satz abgebürstet, es gäbe keine Beweise. Nun bittet er um Entschuldigung mit dem Hinweis, man dürfe eine Anzeige sexuellen Mißbrauchs nicht in Frage stellen. Das sei furchtbar. Pater Klaus Mertes schreibt dies in der aktuellen Ausgabe Der Zeit. Es ist erstaunlich. Bis zu diesem Artikel hatte ich bereits allerhand Dämliches zu diesem Vorfall hören müssen. Darunter dies: Die Presse verwurstet die Kirche und springt mit dem Papst respektlos um. Einfache Antworten auf komplexe Zusammenhänge. In diesem Fall ist Pater Mertes der bestmögliche Zeuge, denn er selbst musste Mißbrauchsfälle aufarbeiten. Seine Entscheidung, dies transparent zu tun, hat unserer Kirche geholfen, Verfahren für Aufarbeitung und Aufklärung zu erarbeiten.

Jemand muss den ersten Schritt tun. Das macht es anderen leichter. Aber Sinn macht das nicht, wenn es nur ein erster Schritt ist und Ende. Ein erster Schritt ist nur dann ein erster Schritt, wenn es viele folgende Schritte gibt. -> Veränderung

Jemand muss der Floskel ein Gesicht geben. Man darf sie nicht verlachen. Sie ist vielleicht wirklich schön. Warum solll man sie nicht nehmen, wenn sie das ausdrückt, was man sagen will? -> Tradition

Jemand muss ernst machen. Dieses Gerede vom christlichen Abendland sagt sich so leicht. Und "ohne Geld geht gar nichts". Dieses wertlose Geschwafel lullt uns allesamt ein. Aber es gibt welche, die machen bereits Ernst mit dem Christensein. -> Leben

Mithu Sanyal hatte im WDR in der Sendung Mosaik Nina Reines Theaterstück "Konsens", das derzeit im Düsseldorfer Schauspielhaus auf dem Programm steht, rezensiert. Das war gut anzuhören. Ich mit Geschirrtuch und Besteck, die Worte wie eine sanfte Brise. Es geht um Grenzverletzungen. Das Stück ist furchtbar aktuell. Mag sein, dass der Zuschauende im Theater auf Vergewaltigung gestoßen wird. Es ist furchtbar. Keine sanfte Brise mehr. Mich erinnern diese Texte, die ich da höre, an andere Grenzverletzungen. Die verwüsten meine Lebensfreude. Jeden Moment kann ein Anruf kommen. Oder ich öffne mein Mailfach und muss da wieder was lesen, hanebüchen, jemand, der sich keine Mühe gibt oder enfach ein Opfer sucht.

Da sagt Mithu Sanyal, dass es keine einfachen Antworten auf komplexe Fragen geben kann. Ich sehe das genau so. Ich bin nicht hier, um die Welt zu retten. Wirklich. Ich weiß keineswegs alles besser. Aber ich möchte der Debatte etwas beifügen, das sie erweitert. Darum verstehe ich das so gut, was Mithu Sanyal sagt. Meine Meinung ist das, was ich denke. Sie ist es wert, geäußert zu werden. Die Meinungen meiner Mitmenschen interessieren mich genau so. Wie kommt es nur, dass wir immer wieder in Debattenfallen latschen, in denen nur noch Schwarz und Weiß zählt?

Es geht doch gar nicht mehr darum, wer Recht hat, sondern wie wir einander verstehen und in unserer ungeheuren, unbegreiflichen Vielfalt miteinander leben können.

Dies schreibe ich, um der Debatte etwas hinzuzufügen. Das darf nicht ungesagt bleiben. Und alles andere soll auch noch gesagt werden. Und dafür, dass jemand seine Meinung sagt, soll niemand was aufs Maul kriegen. Nur der Rechthaber, der kann gerne nach Hause gehen und erstmal was Ordentliches essen und trinken und jemanden finden, der ihn lieb hat. Kein Witz. Konsens braucht niemand. Bleibt mir weg mit FriedeFreudeEierbrei. Ich werde nicht gegen dich kämpfen, wenn du was gegen mich hast. Du sollst leben. Wir brauchen die Debatte um Vielfalt und Geschlechtergerechtigkeit und all die wunderbar aufregenden Dinge, die uns täglich aufwachen lassen. Sonst würden wir ja liegen bleiben. Konsens ist was Gefährliches. Darauf kann man sich nicht ausruhen, sonst heißt es eines Tages wieder, dass wir doch alle einverstanden gewesen wären.

Und jetzt laßt mich in Ruhe.

-----------------------

Zum Weiterlesen:

http://www.zeit.de/2012/47/Pater-Klaus-Mertes-Missbrauch-Kirche

https://www.dhaus.de/programm/a-z/konsens/

http://www.sanyal.de/

 

"Wir freuen uns viel zu wenig", sagt der Pastor

Am Sonntag war es mal wieder soweit: Die Heilige Messe mit vielen unterschiedlichen Menschen und einem Pastor, der auch nur ein Mensch ist. Es ist der, der viel redet, auch wenn er am Anfang der Predigt bekennt, dass er viel redet und diesmal ... aber das glaubt weder er noch wir.

Das erinnert mich an eine coole Aktion von gott.net.

Bild einer Skulptur des ernst dreinschauenden Martinluther auf einem 0,- € Schein.

Die Idee ist wirklich gut. Man kann anhand eines Geldscheines, eines wirklich original auf Geldscheinpapier gedruckten Luthereuro, über Gnade nachdenken. Gnade ist ein Geschenk. Wirklich. Die Idee ist gut. Sie entwickelt ein Eigenleben. Man kann etwas dafür bekommen, weil wir das Geldgeben und Geldnehmen gewohnt sind. Den Schein in der Hand zu fühlen, gibt dem Gehirn den Impuls, nach einem Gegenwert zu suchen. Man könnte diese Scheine auf einem Gemeindefest nutzen? Man könnte dafür ... .

Aber mir ist etwas aufgefallen auf dem Schein:

So viel Glauben du hast, so viel Lachen hast du.

Martin Luther

Und jetzt weiß ich auch nicht. Dieser Luther lacht bestimmt sehr versonnen in sich hinein. Wenn er soviel Glauben hat, wie diese Skulptur Lachen hat ... .

Die Aktion, wie gesagt, finde ich gut. Aber es ist mir ein Anliegen, auf die Verschleifung der Sprache in unserer Kirche hinzuweisen. Sonntag für Sonntag in unseren Heiligen Messen wird gepredigt und nicht jede Predigt rauscht über unsere Köpfe hinweg. Aber was passiert? Der  Knaller ist für mich, wenn nach der Messe gesagt wir, die Predigt sei gut gewesen, aber auf Nachfrage nichts über ihren Inhalt gesagt werden kann. Und dann erst die Lesungen! Gerne hört man beim Pfarrschoppen oder auf dem Kirchplatz den Satz:

Ist ja alles nicht so gemeint.

Doch. Es ist so gemeint. Wer weiß, was passieren würde, wenn wir das wieder begreifen könnten. Mich macht die Lesung des Sonntags unruhig. Ich möchte mit anderen darüber sprechen. Wir sind ein Glaubensnetzwerk und könnten einander helfen, das Wort Gottes zu verstehen. Das geht mir nicht aus dem Sinnn. Sprache. Ernsthaftigkeit. Liebe.

 

Mut ist eine sehr persönliche Sache - Weihnachtspost

Es wurde prophezeit, es käme einer, der nicht nach dem Hörensagen urteilt. Jesaja 11. Aber wir wissen es ja besser. Das Evangelium. Was heißt das schon? Ein Messias muss auch Macht haben und eine Armee, sonst kann er ja nicht die Welt erorbern. Ist ja klar.

Die ganze Weihnachtsgeschichte steckt voller Gegenbewegungen. Wer immer redaktionell daran gearbeitet hat, wusste viel über Journalismus und Öffentlichkeitsarbeit. Einer meiner Favoriten sind die Sterndeuter aus dem Morgenland, die später zu 3 heiligen Königen wurden, weil man die Knochen so schön als Reliquien vermarkten konnte. Aber das ist eine andere Geschichte.

Hingabe

Aus dem Nichts der Geschichte tauchen Menschen auf, die den Weg zum Messias gefunden haben, obwohl sie nichts von seiner Ankunft wissen können. Sie haben keine Ahnung von der Heiligen Schrift. Sie sind Sterndeuter. Glücklicherweise ist ihnen anschließend keiner wie Paulus über den Weg gelaufen, sonst ... . Ach, egal. Sie sind auf jeden Fall wieder verschwunden. Im Ernst: Es sind keine historischen Figuren. Die Exegeten sollen sich über den Sinn ihrer Anwesenheit in der Weihnachtsgeschichte äußern. Ich schreibe hier nur, was sie mir bedeuten.

Menschen, die gemeinsam nach dem Allerwichtigsten im Leben suchen.

Menschen sitzen nachts auf einem Zaun und schauen in den Sternenhimmel.

Photo by Greg Rakozy on Unsplash

Beobachten. Sich erzählen, was man wahrnimmt. Zeit haben. Alles teilen. Ich und die anderen.

Nicht fragen, ob es sich lohnt.

Warum sind die Sterne so schön?
Im Winter erkenne ich den Orion, im Sommer das Himmels-W.
Aber es sind viel zu viele Sterne. Je schöner der Himmel ist, um so weniger kann ich erkennen.
Wenn ich in den Sternenhimmel sehe, sehe ich in die Vergangenheit. Ich löse mich von der Schönheit des Anblicks und denke über das nach, was ich sehe, mache mir Notizen und suche nach Informationen.
Science Fiktion mag ich sehr. Abgesehen von der Wissenschaft ist das Spielen mit Ideen über die Zukunft wohltuend. Die Welt kann ganz anders aussehen. Wir können sie gestalten. Aber es gibt auch Vieles, worauf wir keinen Einfluß haben.

Warum sitze ich hier?

Sterndeuter wird man nicht, weil es der einträglichste Beruf ist. Als Jugendseelsorgerin habe ich erleben müssen wie aus Wilden Kerlen vernünftig denkende Menschen wurden, die ihren Beruf nach den besten Aussichten wählten. Sicherheit, Familie, Gesundheit. Da ist nichts gegen zu sagen.

Oder?

Die Sterndeuter stelle ich mir als begeisterte Menschen vor. Ich bin Gott dankbar, dass es möglich ist, Gott zu finden, auch wenn man nicht zum Insiderkreis gehört. Dieses Brennen für etwas, das ist doch ganz unvernünftig, aber es führt zum Messias. Wie kann es kommen, dass wertvolle Geschenke in einem Stall abgegeben werden? Wie kann es sein, dass die Sterndeuter den Messias im Stall erkennen? Das ist eine sehr kluge Geschichte. Die kann man kaputtromantisieren. Die kann man auch einfach auf sich wirken lassen. Otfried Preußler hat das getan und dann eine so schöne Weihnachtsgeschichte geschrieben: "Die Flucht nach Ägypten". Kaufempfehlung. Als Hörbuch besonders berührend, weil der Vorleser böhmisch spricht.

Die Sterndeuter sind aus der Nummer mit dem "satt, sauber, abgesichert" raus. Wie haben sie das geschaftt?

In diesem Jahr habe ich mich mit Agilem Arbeiten befasst. Der Begriff kommt wie Vieles in unserer Zeit aus dem Technikbereich und wird mittlerweile in der Sozialwirtschaft angewandt. Es heißt, was es sagt: Man auch arbeiten, ohne sich selbst dauernd runterzuziehen. Man kann Prozesse leichter gestalten. Es kann alles flüssiger laufen. Es geht. Menschen arbeiten bereits danach. Diese und verwandte Themen finden Sie in dieser Linkliste: https://tomsgedankenblog.wordpress.com/2017/12/18/linksderwoche-kw-51-2017-produktivitaet-projektman... Also habe ich probiert. Kollegen sagen: "Du arbeitest doch sowieso schon so." Ja, danke, nettes Kompliment. Aber das System, in dem ich stecke, funktioniert anders. Meine Erfahrungen will ich 2018 vertiefen. Ich will es besser machen. Es ist nichts so, dass ich es besser weiß. Ich weiß es ja noch gar nicht. Erst muss mal was ausprobiert werden. Immer wieder. Beobachten, kontrollieren, verbessern. Und dann muss mit genau so viel Ernst nach den besten Tageszeiten geguckt werden. Ohne Kollegen geht es nicht. Weglaufen werde ich nicht. Auch das gehört für mich zum agilen Arbeiten nach dem Vorbild der Sterndeuter dazu. Wir haben alle Zeit der Welt.

 

Henne oder Ei? Sie müssen sich entscheiden

Wo auch immer ich bin, das Leben stößt mich auf meinen Job im Bistum Essen, wo der Pfarreientwicklungsprozess auf Touren läuft. Der Pfarrer kündigt seinen Abschied an, die Gemeinden fürchten sich vor Kirchenschließungen, Messen sollen trotzdem stattfinden, ... kaum Zeit, Atem zu holen. Ich bin trotzdem ins Ballet gegangen.

Mitten im ersten Tei wendet sich der Dirigent aus dem Orchestergraben an das Publikum und bittet um Verständnis, dass die Vorstellung hier unterbrochen werden muss. Er erklärt, dass der Flügel, der ja auf der Bühne steht, nur per Lautsprecher auf seinem Dirigentenpult für ihn erreichbar sei. Aber da gäbe es ein technisches Problem, das erst einmal gelöst werden müsse.

Sie werden verstehen, dass mich das sofort an den Pfarreientwicklungsprozess und die Zukunftsbildprozesse erinnert.

Wenige Minuten später kommt der Dirigent auf die Bühne und erklärt, er wolle uns (dem Publikum) nur beste Qualität ermöglichen und darum müsse hier für 10 Minuten unterbrochen werden. Danach gehe es aber weiter. Wir applaudieren. Wir finden auch, dass wir die höchstmögliche Qualität erwarten dürfen. In der Einführung zu diesem Ballettabend hatte der Chefdramaturg Christian Beier zum Schluß zwei Prämissen für den Abend ausgegeben:

1. Sie müssen nicht alles verstehen.

2. Auch Emotionen verlangen Mündigkeit.

Nach 10 Minuten Pause erklärt der Dirigent, wie der Einstieg erfolgen soll. Wir hören nun die Musik zunächst ohne das Tanz-Ensemble. Das macht deutlich, dass hier zwei höchst wertvolle Kunstformen auf uns einprasseln. Denn wir hören Live-Musik. Es ist Musik, für die wir ins Konzert gegangen wären. Ich verstehe nun, warum ich unwillkürlich die Augen geschlossen habe. Es ist Ballett und Konzert. Wem gibt der Dirigent hier den Vorrang? Oder muss er Einem den Vorrang geben, um Beidem genügen zu können?

Für mich war es ein nachhaltig beeindruckender Abend. Es war die Musik und der Tanz, das Ballett, die Künstler und - als Zugabe - die Souveränität eines Dirigenten, der sich seiner Sache offensichtlich auch in der Krise sicher ist.

 

Der Tag, an dem wir begannen zu zweifeln

Der Erste an der Kirchentür war ein mir fremder Mann, von dem es später hieß, er sei schon beim Gemeindefest gewesen. Man sagte später auch, er sei schon als Kind ... seltsam gewesen.

Die Küsterin wurde von ihm mit Namen begrüßt. Er sprach mit sich selbst. In der noch dunklen Kirche saß er hinten und schimpfte über die immer weniger werdenden Messen und brabbelte unsinniges Zeug. Ich mischte mich in seine Selbstgespräche ein und erfuhr, dass er im Obdachlosenheim wohnt und alles verloren hat. Sein Schwiegervater würde bald kommen, sagte er, und nannte dessen Namen und ich dachte, dass dieser bekannte ältere Herr unserer Gemeinde darauf nicht gefaßt sein würde.

Das Eigentliche ist doch die Heilige Messe, zu der die Gemeinde sich am Sonntag versammelt. Ein plärrendes Kind und ein ausrastender Psychot sind Störungen. Die Störung müsste so nachhaltig sein, dass wir ins Nachdenken kämen. Da stimmt doch was nicht. Wenn alle Getauften, sagte der predigende Priester, am Sonntag in die Messe strömten, das wäre eine Welle, die alle mit sich risse. Wir sitzen da und hören die Predigt und gehen dann wieder. Da stimmt doch was nicht.

Unsere Küsterin kam aus der Spur. Sie fand Dieses und Jenes nicht mehr, musste immer wieder fragen, schaltete beim Beginn der Messe das wenige Licht aus statt alle Lichter an. Dann begrüßte der Priester die Gemeinde mit "Satans List, die uns zur Sünde führte ... ." Da rastete der mir fremde Mann in der letzten Reihe aus. Er beruhigte sich nicht wieder. Schließlich musste er hinaus geführt werden und wir konnten den Rest der Messe beinah ungestört hören.

Waiting For Godot Tragic Trailer Feb 2010 from Totally Theatre on Vimeo.

Der Mann schrie und tobte vor der Kirche. Einige von uns gingen hinaus, um mit ihm zu sprechen. Aber er kam kaum zur Ruhe. Er habe alles verloren, sagte er, und dass der Satan in der Kirche nichts zu suchen habe. Wir anderen sprachen mal mit ihm, mal miteinander. So erfuhr ich Einiges, das mir seltsam erschien. Ich fragte die anderen, ob nicht auch dieser Mann ein Mensch sei. Wir waren fassungs- und sprachlos. Und ich dachte, dass eine Gemeinde gut funktionieren kann, wenn die Menschen in ihr leben und sich bewegen und sich bewegen lassen. Die Einen wollen ihre Ruhe, die Anderen gestalten die Kultur der Gemeinde.

Am Ende der Messer las der Priester eine Verlautbarung der Personalabteilung des Bistums vor, aus der man verstehen konnte, dass unser Pfarrer die Gemeinde verlassen wird. Dass ihm eine Sabbatzeit gewährt wid, fand der die Verlautbarung verlesende Priester ausdrücklich gesundheitsförderlich für unseren Pfarrer. Aber auf dem Kirchplatz sprach man mehr über den einsetzenden Regen und den psychisch kranken Mann, von dem allerdings niemand sagte, er sei psychisch krank. Er hatte halt den Gottesdienst gestört. Und von den 25 Kommunonkindern waren nur 4 da gewesen.

Wir Angestellten der katholischen Kirche können mit Hilfe rechnen, wenn wir ratlos und ausgebrannt sind. Aber dieser Mann, der heute als Erster vor unserer Kirchentür stand, weiß nicht, wie das Leben funktioniert. Man habe ihm alles genommen, sagt er. Und die anderen sagen, dass er aggressiv wird und man schön öfter die Polzei habe rufen müssen und er dann in eine geschlossene Anstalt kommt.

Ich möchte nicht in einem Obdachlosenheim wohnen. Ich möchte auch nicht in einem Flüchtlingsheim wohnen. Ich habe einfach nur Glück gehabt (gut, ja, lassen Sie uns jetzt bitte nicht streiten über Worte). Aber wohl ist mir dabei nicht. Wir haben ein Grundgesetz, das wir nur für die Menschen in unserem Land verbindlich Wirklichkeit werden lassen können, die sich anpassen. Wer das nicht schafft, verliert seine Würde. Und das ist eine Katastrophe. Auch wir Christen haben dafür keine Lösung. Wir schützen in erster Linie unser Eigentum. Aber was wird uns das nützen? Auf Dauer, meine ich. Ich meine: über die jetzige Zeit hinaus. Denn wenn ich nicht an Gott glaube, kann ich mein Leben organisieren und abischern. Aber wenn ich an Gott glaube, darf keiner verloren gehen.

Timeless from Abby Middleton on Vimeo.

Ich habe dem fremden Mann versprochen, ihn morgen in dem Obdachlosenheim zu besuchen. Er wusste nicht mal, in welcher Straße er wohnt. Aber das wussten die anderen. Wir Gemeindemitglieder haben darüber gesprochen, wer wen anruft und wie wir Kontakt mit Hilfestellen aufnehmen. Aber ganz ehrlich: Hoffnung hab ich nicht für ihn. Und wir? Wir geben unser Bestes. Versprochen. Wenn Sie bitte für uns und den Mann beten würden?

 

Gar nicht mal so Unzufriedene bei der ersten Komplizenkonferenz im Bistum Essen

Es fing alles damit an, dass das Team vom Zukunftsbildprojekt Gründerbüro des Bistums Essen Unzufriedene zu einer Komplizenkonferenz ins kitev bat. Die Location ist in diesem Turm am Oberhausener Hauptbahnhof. Man steht zunächst vor MacDonalds und weiß nicht so recht, ob man richtig ist. Aber dann trifft man auf einmal bekannte Gesichter aus dem Bistum und muss gucken, wie man die gar nicht so barrierefreie Eingangsstufe meistert. "Wir beginnen mit dem Essen im 5. Stock." Einen Aufzug gibt es natürlich nicht. Na toll. Auf dem Weg dahin fanden wir Zitate an den Wänden. Tief Luft holen und lesen und sich erinnern. Ganz schön seltsame Location, wenn man katholische Erwachsenenbildungsstätten gewohnt ist. Aber die Zitate sind schon vertraut.

Schlüsselbund mit Kapselheber auf einem Zettel mit folgendem Text : "Brecht auf ohne Landkarte - und wisst, dass Gott unterwegs zu finden ist, und nicht erst am Ziel. Versucht nicht, ihn nach Originalrezepten zu finden, sondern lasst euch von ihm finden in der Armut eines banalen Lebens." Madeleine Delbrêl

 

Wer ist dabei ?

Kollegen und Kolleginnen im pastoralen Dienst, aber auch viele unbekannte Gesichter (dazu später mehr). Auf dem Weg zum Essen pinnen wir unsere Heimatgemeinden auf eine Karte des Bistums Essen und kleben unsere Wünsche und Ideen an die Wand. Es geht nicht nur um das, was wir geben wollen, sondern auch um das, was unverzichtbar ist.

Oberhausen liegt im Ruhrgebiet. Aus dem Sauerland ist offenbar niemand gekommen. Aber eine Kollegin aus dem Erzbistum Paserborn ist da und ein junger Mann, der was für ein Land in Afrika tun will, und ein Ingenieur, der hilflosen Personen mit Technik behilflich sein will. Ach? Wie kommen die alle hierher?

Manche Kollegen und Kolleginnen kennt man schon aus anderen Veranstaltungen. Es wird direkt zur Sprache gebracht: Wir haben Lust auf Neues. Dieses und Jenes, das uns im beruflichen Alltag auf die Nerven geht, wird durchgehechelt. Ein Mann, den ich noch nie gesehen habe, erzählt, er käme aus einer der beiden Gemeinden im Bistum, die jetzt ehrenamtlich geleitet würden. Wir nörgeln schon gar nicht mehr. Wir erzählen uns bei Linsensuppe und allerhand Leckerem aus der Küche einer Flüchtlingsinitiative. Ein gesetzter Herr mit Bierbauch stellt sich als ehemaliger Mitarbeiter aus meiner Zeit als Jugendseelsorgerin heraus. Er ist verheiratet, hat Kinder und macht in Scrum.

Dann beginnt Becci Klug mit ihrem Vortrag. Sie ist die Initiatorin des raumschiff.ruhr, das in der Marktkirche im Zentrum der Essener Innenstandt, mitten in der Fußgängerzone, gelandet ist. Sie wollte nie einfach nur eine Gemeinde leiten, sondern traute ihrem Verstand und ihrer Sehnsucht und handelte mit der Kirchenleitung was aus, was ihr entspricht. Auch ihr hat das Essen wirklich gut geschmeckt.

Wat nu?

Offenbar können wir machen, was wir wollen. "Sorgen Sie gut für sich." Das sind wir nicht gewohnt. Es gibt auch keine Rezepte. In Kleingruppen erzählen wir einander was von Gott und unseren Gotteserfahrungen. Ich hatte wirklich durch Zufall die Toppkarte gezogen mit dem Symbol des Leuchtturms: Ein Priester, ein Diakon und eine Gemeindereferentin in einer Kleingruppe. Worst Case. Das Gespräch kommt sehr schwer in Gang. Es ist nicht so einfach, über Gott zu sprechen. Ganz offensichtlich will jetzt keiner von uns etwas Falsches sagen. Dann taucht die Fotografin vom Dienst auf und sieht, dass wir die Karten auf dem Tisch liegen haben, die wir mit Inhalt füllen sollen, und ist ganz begeistert, weil wir die einzige Gruppe sind, die das haben. Der Diakon weist sie darauf hin, dass das so muss. Es gehört ja zu dem Arbeitsauftrag, den wir bekommen haben. Sie macht freudestrahlend Fotos. Anschließend tauchen langsam alle wieder in der zentralen Etage auf (hatte ich erwähnt, dass wir 4 Etagen bespielten?) und klammerten ihre Ideen und Erfahrungen an eine Leine, die in der Mitte des Raumes platziert war. Die freundliche Moderatorin Ursula Hahmann wies unermüdlich darauf hin, dass wir unsere Namen auf die Zettel schreiben sollten, damit andere wissen, mit wem sie Kontakt aufnehmen können, wenn der Zettel Interesse geweckt hat. So weiß natürlich niemand, dass ich einen Server entwickeln möchte, den Gemeinden nutzen können für Kommunikation (mit Datenschutz und allem Drum und Dran) und offene Daten (darüber wäre zu verhandeln). Dafür habe ich Herrn Hasenau kennengelernt, der Hilflosen helfen möchte. Er weiß, dass technische Hilfen oft viel zu teuer sind. Außer uns haben 100 andere Menschen genau so konzentriert miteinander gesprochen. Es war laut. Aber man konnte sich in eine der anderen Etagen verziehen.

WLan gab es auch. Twittern zur Entspannung in der ganz offiziellen Pause.

Noch was für die Professionalität

Es gibt Methoden für Kreativität und Wege, wie man auf Ideen und an Geld kommt. Wir machen noch eine Einheit mit Input. Ich lerne neue Wörter kennen und eine Theorie, die keine Methode ist, sondern eine Beschreibung der Startups, die gut funktionieren, so dass man daraus lernen kann. Aber wir lernen nicht, wie wir es richtig machen sollen, sondern dass es ganz anders gehen kann. Kein Optimierungsmodell. Das neue Wort heißt Effectuation. Es gibt Prinzipien. Und die Workshop-Leiterin hat ihren Namen auch nicht auf die Handouts geschrieben. Sie schlägt uns Lektüre vor. Es ist bereits 21 Uhr und ich muss noch heimfahren mit Zug und Taxi (der letzte Bus ist meist weg). Am besten gefällt mir das 2. der 4 Prinzipien:

Leistbarer Verlust statt erwartbarer Ertrag.

Das gefällt mir. Ich mache, was mich begeistert und was ich kann. Ich beginne nicht mit dem Formulieren eines Konzeptes und ich mache mir auch keine Sorgen, ob das jemandem nicht gefällt. Ich mache das, was ich am besten kann: kommunizieren. Und ich muss auch nicht der King - ups : die Queen im Ring sein. Ich mach einfach, was ich kann. Ich beginne nicht mit dem Absichern des Erfolges, sondern überlege, was ich/das Team/die Gemeinde sich an Verlust leisten können. Neue Wege sind ein Risiko. Wir können nicht sicher sein, dass es klappt. Aber wie Becci Klug ganz am Anfang unserer Konferenz gesagt hat: Es ist die Sehnsucht, die uns nicht zur Ruhe kommen läßt. Es geht nicht einfach so wie immer. Ich kann die Verantwortung für mein Tun leichter übernehmen, wenn von mir nicht der Ertrag vorausberechnet werden muss, sondern mein Blick zu den Menschen geht, mit denen ich zu tun habe. Hoffnung, Enttäuschung, Lebensläufe, Neuanfänge, Berufung, Begeisterung, Ideen und immer wieder Unerwartetes.

Beten mit der Ikone meiner Kindheit

Wir verabschieden uns am Schluß mit einem Versprechen, das wir halten können.

Florian Giersch spielt die Pippi-Langstrumpf-Theme auf seiner Cajon. Auch wir suchen und entdecken und merken, dass ein Gespräch zwischen Pippi und Annika ein schönes Bild sein kann. Annika, die sich Anpassende und Pippi, die Ephraimstochter. Noch einmal an das Erwartbare denken, das so erschreckend undbehindernd sein kann. Ich bin kein Kind und mache mir die Welt mitnichten widdewiddewie sie mir gefällt. Ich bin schon groß und weiß, dass da mehr ist als Geld. Es gibt Sachen zu entdecken und Schätze zu teilen.

Elisabeth Keilmann-Stadtler leitet einen Gottesdienst, der keiner ist. Oder doch. Aber ... . Doch!

Bullshit-Bingo

Die Kirche muss wieder zu den Menschen gehen.

Wir müssen mehr raus.

Wir brauchen neue Formen.

Der Pfarreientwicklungsprozess nervt.

Und jetzt?

Eine Kollegin aus dem Nachbarbistum Paderborn und ich, wir haben unsere Adressen ausgetauscht und werden uns beizeiten treffen. Wir sind nicht unzufrieden. Wir sind auch nicht ratlos. Wir haben nur nicht alles im Griff. Unruhig sind wir

Links

https://www.bistum-essen.de/presse/artikel/das-haben-wir-noch-nie-probiert-also-geht-es-sicher-gut/

http://kirchehochzwei.de/cms/

https://www.willowcreek.de/

http://zukunftsbild.bistum-essen.de/die-bistums-projekte/die-bistumsprojekte/gruenderbuero-fuer-past...

http://www.zap-bochum.de/ZAP/team/florian-sobetzko.php

http://www.maria-laach.de/te-deum/

http://kitev.de/

https://typografie.de/

http://www.hahmann-dessoy.de/

https://www.bistum-essen.de/

 

Ich muss nicht alles wissen

Mein Selbstbewußtsein wächst mit dem Alter. Das liegt am Reisen, an Freundschaften und daran, dass ich merke, dass mein Glaube nicht erschöpft in den Kreisen derer, die alles wissen. Open Source. Sie verstehen? Man teilt, was man hat und weiß. Wir müssen nicht verzweifeln an unseren eigenen Unzulänglichkeiten.

Lorettokirche oberhalb des ehemaligen Klosters Murbach im Elsass. Klobiger Steinbau im Grünen.Schöne Grüße vom LUKi-Treffen in Fulda, wo wir bei der Gemeinschaft Geist und Sendung zu Gast sind. Wir lernen voneinander, wie man scannt, PDF erstellt, wie OCR funktioniert, was ein Podcast ist und Klaus Knopper lehrt uns als Gastreferent das 3-D-Drucken. Es ist unglaublich, wie viel Zeit wir konzentriert mit Lernen verbringen und wie wenig Reibungsverlust entsteht. Mich bedrücken die Erinnerungen an Ellebogenkämpfe in der Schulzeit. Wir diskutieren über selbstfahrende Autos, den Sinn von cloudbasierten Diensten, Gefahren und Notwendigkeiten.

Kein Mensch interessiert sich für die Zukunft

Wir müssen natürlich auch mal den Tisch abräumen. Wir werden müde, die Sonne blendet. Wir kommen gar nicht dazu, ein Podcast zu erstellen, obwohl wir alles an Zubehör und das nötige KnowHow vor Ort haben.

Die Loretto-Kirche in Murbach im Elsass

Oberhalb der Klosterruine von Murbach im Elsass steht eine der zahlreichen Lorettokirchen, deren Prototyp von Kreuzrittern aus dem Heiligen Land gerettet wurde, als ihnen klar war, dass sie das Heilige Land nicht würden halten können. Von da an entstanden Lorettokirchen an vielen Orten. Klobig. Innen drin mit viel Bildern und Figuren, die die Geschichte von Bethlehem erzählen.

Während ich dies schreibe, wird überlegt, ob ein Minkowski uns weiterbringt oder?

Der Podcaster hängt konzetriert an seinem Notebook, der Fahrradfahrer entwirft und entwirft und entwirft, der Vorsitzende schreibt einen Beitrag, alle anderen haben auch so ihre Aufgaben. Wir diskutieren und vergessen das Essen und Trinken. Einer knistert mit seiner Glutenfrei-Tüte. Es gibt überhaupt keine Mateflaschen und der Gottesdienst, den wir gemeinsam mit dem Barcamp in Köln hätten halten wollen, läuft grad ohne uns. Wir lernen was über Material, das beim Drucken in 3D verwendet werden kann und worauf man achten muss. Alles ohne Mittagspause. Auch der Referent findet kein Ende.

Haben wir wirklich ein Bildungsproblem in Deutschland?

Wenn ich etwas nicht verstanden habe, frage ich meinen Nachbarn. Wer was nicht weiß, labert mich nicht einfach voll. Ich frag den Nächsten. Manchmal sitze ich einfach da und höre zu. Prinzipiell können wir uns jetzt alles Mögliche ausdrucken. Die eigentliche Arbeit steckt im Entwickeln der Datei. Man muss in dem Programm aus geometrischen Figuren das zusammensetzen, was man sich denkt. Das kann man lernen. Dazu braucht man nicht viel. Aber ein 3-D-Drucker ist teuer. Wir erfahren, dass man schon 1500 € investieren muss. Wir erfahren auch, welche Gefahren so ein Gerät birgt. Dazu käme das Material und die Druckkosten. In manchen Schulen oder öffentlichen Büchereien stehen 3-D-Drucker, die allen zugänglich sind. Es ist wirklich nur die Arbeit, die man selber zu leisten hat: lernen und Übung und der Austausch mit anderen.

Mehr Freiheit

Wer selbstbewußt ist, muss sich nicht absichern. Wer geliebt wird, kann Risiken eingehen. Wer liebt geht Risiken ein. Atmen. Durchhalten. Neugierig sein.

Es gibt Menschen, die missionieren. Das meine ich so: Es gibt Menschen, die sind so begeistert, dass sie alles teilen - Sie wollen, dass auch andere die gleichen guten Erfahrungen machen. Glück. Geborgenheit. Staunen. Nichts, was man sich kaufen könnte. Es liegt auch gar nicht am Geld. Aber das ist schwer zu vermitteln. Es liegt auch nicht an den Parteien und nicht an wasweißich.

Wir reden über das, was uns begeistert. Wir lernen. Wir teilen. Wir fragen. Wir sind neugierig. Ich frage mich, warum das hier geht und nicht in meiner Heimatgemeinde. Ein Kollege fragt, wo meine Heimatgemeinde ist und ich zähle die Standorte auf, die dazugehören. Wir reden über Kirchenentwicklung und die freikirchlichen Kollegen lachen nicht. Sie wissen auch nicht alles besser.

Wenn ich etwas nicht verstehe und es verstehen möchte, muss ich fragen. Keiner lacht über meine Fragen. Anders als damals in der Schule muss ich meine Freiräume nicht erkämpfen. Aber zu wenig frische Luft und zu wenig Bewegung hatte ich auch hier. Man verläßt den Raum nicht gerne, man könnte ja was verpassen. Zum Beispiel, wie man Acetonfiguren mit Aceton schön blank kriegt. Aber wir reden natürlich auch darüber, dass wir unsere Freizeit kaum erkennen können. Denn was wir beruflich machen und was uns interessiert ist nahezu deckungsgleich.

Während ich diese Zeilen schreibe, wird gedruckt, gefrickelt, getippt, entspannt, gebetet und anderswo sterben Menschen. Auf einmal ist alles möglich. Es wäre möglich, dass alle Menschen leben können. Und ich bin sicher, dass wir das eines Tages hinkriegen. Wenn auch hier noch nicht alle Menschen erreicht werden, ... wenn wir auch aus unseren guten Erfahrungen keine Theorie entwickeln, ... egal. Das hier ist schon mal richtig gut.

 

Colmar und was ich daraus lerne

Auf dem Weg nach Colmar machten wir Station in Klingenmünster und entdeckten dabei Laurins Wald. Nur Bäume (ohneKronen und Wurzeln, auch der Boden ist nicht zu sehen) und ein Schild mit der Aufschrift

Colmar liegt im Elsass. Wenn man nicht genausoviel wandert wie man Speis' und Trank konsumiert, endet der Urlaub mit Verdruss. Spieglein, Spieglein - bin das ich?

Reisen Sie im Oktober ins Elsass. Die Einheimischen haben viel zu tun wegen der Weinernte. Das Laub färbt sich von Grün zu Vielfalt. Man kann übrigens mit Bus und Zug wunderbar von Colmar aus in die Umgebung reisen, zurückwandern oder eine Rundtour machen bis zur Ausgangshaltestelle. Für Sie getestet und für gut gefunden. Sie werden Albert Schweizer und Störchen begegnen. Es gibt eine unglaubliche Fülle an Walnüssen, Pflaumen, Schmetterlingen, Äpfeln. Eigentlich muss man nur was zum Trinken mitnehmen.

Was mich wirklich verblüffte: die Sprache. Im Gespräch mit Mitmenschen kommt die Frage auf: Welchen Sinn machen Staaten? Ich denke: Dies ist das Elsass, man spricht elsässisch. Das kann man nicht auf "französisch" oder "deutsch" reduzieren. Aber wie bringt man das in unsere zeitgemäße Form von Staaten unter? Über die Grenze kommen wir bereits ohne Unterbrechung. Man sieht die alten Grenzanlagen, die noch gebraucht werden, wenn wieder Terroristen zugeschlagen haben. Terroristen. Das ist auch so ein Wort. Wir diskutieren bei Wein und Flambée. In den Zeitungen geht es um die Separatisten in Spanien - zum Beispiel die Katalonen. Darf der spanische Staat Menschen in Katalonien mit Gewalt in die Knie zwingen, weil es sein Staatsgebiet ist?

Im Bartholdimuseum wird erklärt, wie die Freiheitsstatue entstand. Es wird aber nicht erklärt, wie der Künstler Bartholdi auf seine Idee kam. Er war finanziell unabhängig. Der Koloss von Rhodos beeindruckte ihn, aber für den Suezkanal ließ man ihn nichts bauen. Das mit der Freiheitsstatue dauerte, aber es wurde was. Ich kann darin keinen politischen Willen erkennen. Es ist Kunst mit einem Sinn für Proportionen, Schönheit und Pathos. Ein bißchen enttäuscht bin ich schon. Ich hatte gedacht, die Statue begrüßt Einwanderer: "We hold up these truths ..."

Hansi verpassen Sie garantiert nicht. Er war einer der ersten Werbegrafiker (Wir haben seine und die Schilder anderer an den Handwerkerhäusern und den Restaurants fotografiert). Er war ein pfiffiger Zeichner. Man erfährt leider zu wenig über seinen Widerstand gegen die deutschen Besatzer. Dafür sind seine Bilder einfach zu niedlich. Viel passender als der Stress mit der Gesinnung. In einer Buchhandlung mit Antiquariat in der Rue des Marchands gibt es haufenweise unterschiedlichste Literatur über den Elsass und Zeichnungen von Hansi und anderen pfiffigen Künstlern (beispielsweise Tomi Ungerer, aber den beguckt man gründlicher in Straßburg). Dort findet man auch ein Taschenbuch, das in mehreren Sprachen veröffentlicht erklärt, warum das Elsass endlich befreit werden muss.

Mir kamen die Menschen im Elsass freundlicher vor als in anderen Gegenden. Aber mir fällt auf, dass grundsätzlich französisch gesprochen wird.

Der Staat sorgt für Recht und Ordnung. Wir müssen uns um Vieles nicht kümmern. Wenn wir leben, wie wir leben, wird irgendein Staat kommen, und uns einfach wegnehmen, was wir nicht verteidigen können. Oder ein Konsortium wird kommen.Ich denke an etwas ganz anderes. Es müsste geerdete Lebensräume geben, die ins Unüberschaubare hinein vernetzt sind. Ich will reisen, lernen, mich informieren, genießen, teilen, gestalten. Blockchain und Urban Gardening.

Polizeipräsenz fällt auf. Beispielsweise 4 Polizisten im Bahnhof. 2 Franzosen, 2 Deutsche. Eine ältere Dame spricht einen der deutschen Polizisten an, der wortlos auf das Embelm auf seinem Ärmel zeigt. Freundliche Menschen und Polizeipräsenz.

Während wir in Colmar sind, brennt ein Haus in einer Nachbarstadt. Kinder und ein Erwachsener sterben. Es wird ein fremdenfeindlicher Hintergrund vermutet. In einer anderen Nachbarstadt Colmars gibt es eine Bombendrohung. Zum Glück passierte nichts. Bei einer Zugfahrt zurück aus den Weinbergen in die Stadt ist Polizei anwesend. Sie gehen durch den Zug. Als sie aussteigen, steigt Bahnpolizei ein.

Mir fiel auf, dass immer wieder Touristen "Unter den Linden" sagen, wenn sie aus Deutschland kommen. Aber das Museum mit dem Issenheimer Altar heißt Unterlinden. Mein Favorit ist die Verkündigung an Maria von Otto Dix, das im neuen Gebäude hängt.

Die grausame Seite des Internets lernen wir im Au Croissant Doré kennen: Eine alte Dame führt dieses Café. Das weiß auch der TripAdvisor. Mehr muss ich wohl nicht sagen. Wir bemühten uns, nicht im Weg zu stehen und nahmen unser Croissants morgens nach der touristischen Rush-Hour. Gäste gehen der alten Dame zur Hand. Sie sagt: "Die Deutsche reisen so viel." Ja, das habe ich auch in anderen Ländern schon gehört. Vielleicht tun wir das, weil es bei uns so eng ist. Im Elsass hat selbst derLKW-Fahrer noch die Wahl, ob er Fußgängern den Weg freigibt. Offenbar zählt nicht jede Sekunde. Aber es gibt auch Bettler und Ausgegrenzte. An den Orten der Touristen treiben sich auch Besoffene rum, die müde aussehen, richtig traurig. Bei aller Gelassenheit machen wir die Erfahrung, dass in Klein-Venedig die Mittagszeit streng eingehalten wird. Durchgehend offen ist nur die Bar oder das Café. Menschen brauchen Pausen. Alle Menschen. Und man kann nicht alles für Geld haben. Die alte Dame im Au Croissant Doré kommt um 7 Uhr in ihr Café, mittags hat sie eine Hilfe, abends ist sie mindestens bis 21 Uhr im Café tätig. Aufräumen, abrechnen, vorbereiten, Einkauslisten. Das wissen die TripAdvisor-Kunden nicht, die schreiben, man warte lange auf seinen Kaffee, der außerdem nicht gut sei und eng sei es auch. In Wirklichkeit werden zwei vorhandene Tageszeitungen unter den Gästen (natürlich nicht unter allen) weitergereicht. Wir hatten uns angewöhnt, eine mitzubringen, so dass 3 Tageszeitungen kursierten. Man kann diesen Ort nicht besser machen. Man kann da nichts optimieren.

Don't miss Ammerschwihr

Ammerschwihr ist ein kleiner Ort in der Nähe von Colmar. Durch Zufall geraten wir beim Wandern dort hin. Denn hin wollten wir nicht, da der Reiseführer es für uninteressant hielt. In dem Ort gibt es einen Künstler, der mit Mosaiken arbeitet. Der Reiseführer war der Meinung, der Krieg habe alles kaputt gemacht. Im Ort gibt es Schilder, die Reste von Häusern erklären und alte Anblicke der Stadt zeigen. Außerdem wird eine amerikanische Fotografin geehrt, die die Zerstörungen dokumentierte und die Menschen vor Ort portraitierte. Und die Website zeigt wirklich etwas von dieser Zufriedenheit der Menschen. Verpassen Sie Ammerschwihr nicht.