Es fing alles damit an, dass das Team vom Zukunftsbildprojekt Gründerbüro des Bistums Essen Unzufriedene zu einer Komplizenkonferenz ins kitev bat. Die Location ist in diesem Turm am Oberhausener Hauptbahnhof. Man steht zunächst vor MacDonalds und weiß nicht so recht, ob man richtig ist. Aber dann trifft man auf einmal bekannte Gesichter aus dem Bistum und muss gucken, wie man die gar nicht so barrierefreie Eingangsstufe meistert. "Wir beginnen mit dem Essen im 5. Stock." Einen Aufzug gibt es natürlich nicht. Na toll. Auf dem Weg dahin fanden wir Zitate an den Wänden. Tief Luft holen und lesen und sich erinnern. Ganz schön seltsame Location, wenn man katholische Erwachsenenbildungsstätten gewohnt ist. Aber die Zitate sind schon vertraut.
Schlüsselbund mit Kapselheber auf einem Zettel mit folgendem Text : "Brecht auf ohne Landkarte - und wisst, dass Gott unterwegs zu finden ist, und nicht erst am Ziel. Versucht nicht, ihn nach Originalrezepten zu finden, sondern lasst euch von ihm finden in der Armut eines banalen Lebens." Madeleine Delbrêl
Wer ist dabei ?
Kollegen und Kolleginnen im pastoralen Dienst, aber auch viele unbekannte Gesichter (dazu später mehr). Auf dem Weg zum Essen pinnen wir unsere Heimatgemeinden auf eine Karte des Bistums Essen und kleben unsere Wünsche und Ideen an die Wand. Es geht nicht nur um das, was wir geben wollen, sondern auch um das, was unverzichtbar ist.
Oberhausen liegt im Ruhrgebiet. Aus dem Sauerland ist offenbar niemand gekommen. Aber eine Kollegin aus dem Erzbistum Paserborn ist da und ein junger Mann, der was für ein Land in Afrika tun will, und ein Ingenieur, der hilflosen Personen mit Technik behilflich sein will. Ach? Wie kommen die alle hierher?
Manche Kollegen und Kolleginnen kennt man schon aus anderen Veranstaltungen. Es wird direkt zur Sprache gebracht: Wir haben Lust auf Neues. Dieses und Jenes, das uns im beruflichen Alltag auf die Nerven geht, wird durchgehechelt. Ein Mann, den ich noch nie gesehen habe, erzählt, er käme aus einer der beiden Gemeinden im Bistum, die jetzt ehrenamtlich geleitet würden. Wir nörgeln schon gar nicht mehr. Wir erzählen uns bei Linsensuppe und allerhand Leckerem aus der Küche einer Flüchtlingsinitiative. Ein gesetzter Herr mit Bierbauch stellt sich als ehemaliger Mitarbeiter aus meiner Zeit als Jugendseelsorgerin heraus. Er ist verheiratet, hat Kinder und macht in Scrum.
Dann beginnt Becci Klug mit ihrem Vortrag. Sie ist die Initiatorin des raumschiff.ruhr, das in der Marktkirche im Zentrum der Essener Innenstandt, mitten in der Fußgängerzone, gelandet ist. Sie wollte nie einfach nur eine Gemeinde leiten, sondern traute ihrem Verstand und ihrer Sehnsucht und handelte mit der Kirchenleitung was aus, was ihr entspricht. Auch ihr hat das Essen wirklich gut geschmeckt.
Mit Grüßen an #refugeeskitchen, die leckerstes essen zaubern <3
— klugwiejohn (@klugwiejohn) 20. Oktober 2017
Wat nu?
Offenbar können wir machen, was wir wollen. "Sorgen Sie gut für sich." Das sind wir nicht gewohnt. Es gibt auch keine Rezepte. In Kleingruppen erzählen wir einander was von Gott und unseren Gotteserfahrungen. Ich hatte wirklich durch Zufall die Toppkarte gezogen mit dem Symbol des Leuchtturms: Ein Priester, ein Diakon und eine Gemeindereferentin in einer Kleingruppe. Worst Case. Das Gespräch kommt sehr schwer in Gang. Es ist nicht so einfach, über Gott zu sprechen. Ganz offensichtlich will jetzt keiner von uns etwas Falsches sagen. Dann taucht die Fotografin vom Dienst auf und sieht, dass wir die Karten auf dem Tisch liegen haben, die wir mit Inhalt füllen sollen, und ist ganz begeistert, weil wir die einzige Gruppe sind, die das haben. Der Diakon weist sie darauf hin, dass das so muss. Es gehört ja zu dem Arbeitsauftrag, den wir bekommen haben. Sie macht freudestrahlend Fotos. Anschließend tauchen langsam alle wieder in der zentralen Etage auf (hatte ich erwähnt, dass wir 4 Etagen bespielten?) und klammerten ihre Ideen und Erfahrungen an eine Leine, die in der Mitte des Raumes platziert war. Die freundliche Moderatorin Ursula Hahmann wies unermüdlich darauf hin, dass wir unsere Namen auf die Zettel schreiben sollten, damit andere wissen, mit wem sie Kontakt aufnehmen können, wenn der Zettel Interesse geweckt hat. So weiß natürlich niemand, dass ich einen Server entwickeln möchte, den Gemeinden nutzen können für Kommunikation (mit Datenschutz und allem Drum und Dran) und offene Daten (darüber wäre zu verhandeln). Dafür habe ich Herrn Hasenau kennengelernt, der Hilflosen helfen möchte. Er weiß, dass technische Hilfen oft viel zu teuer sind. Außer uns haben 100 andere Menschen genau so konzentriert miteinander gesprochen. Es war laut. Aber man konnte sich in eine der anderen Etagen verziehen.
WLan gab es auch. Twittern zur Entspannung in der ganz offiziellen Pause.
Noch was für die Professionalität
Es gibt Methoden für Kreativität und Wege, wie man auf Ideen und an Geld kommt. Wir machen noch eine Einheit mit Input. Ich lerne neue Wörter kennen und eine Theorie, die keine Methode ist, sondern eine Beschreibung der Startups, die gut funktionieren, so dass man daraus lernen kann. Aber wir lernen nicht, wie wir es richtig machen sollen, sondern dass es ganz anders gehen kann. Kein Optimierungsmodell. Das neue Wort heißt Effectuation. Es gibt Prinzipien. Und die Workshop-Leiterin hat ihren Namen auch nicht auf die Handouts geschrieben. Sie schlägt uns Lektüre vor. Es ist bereits 21 Uhr und ich muss noch heimfahren mit Zug und Taxi (der letzte Bus ist meist weg). Am besten gefällt mir das 2. der 4 Prinzipien:
Leistbarer Verlust statt erwartbarer Ertrag.
Das gefällt mir. Ich mache, was mich begeistert und was ich kann. Ich beginne nicht mit dem Formulieren eines Konzeptes und ich mache mir auch keine Sorgen, ob das jemandem nicht gefällt. Ich mache das, was ich am besten kann: kommunizieren. Und ich muss auch nicht der King - ups : die Queen im Ring sein. Ich mach einfach, was ich kann. Ich beginne nicht mit dem Absichern des Erfolges, sondern überlege, was ich/das Team/die Gemeinde sich an Verlust leisten können. Neue Wege sind ein Risiko. Wir können nicht sicher sein, dass es klappt. Aber wie Becci Klug ganz am Anfang unserer Konferenz gesagt hat: Es ist die Sehnsucht, die uns nicht zur Ruhe kommen läßt. Es geht nicht einfach so wie immer. Ich kann die Verantwortung für mein Tun leichter übernehmen, wenn von mir nicht der Ertrag vorausberechnet werden muss, sondern mein Blick zu den Menschen geht, mit denen ich zu tun habe. Hoffnung, Enttäuschung, Lebensläufe, Neuanfänge, Berufung, Begeisterung, Ideen und immer wieder Unerwartetes.
Beten mit der Ikone meiner Kindheit
Wir verabschieden uns am Schluß mit einem Versprechen, das wir halten können.
Florian Giersch spielt die Pippi-Langstrumpf-Theme auf seiner Cajon. Auch wir suchen und entdecken und merken, dass ein Gespräch zwischen Pippi und Annika ein schönes Bild sein kann. Annika, die sich Anpassende und Pippi, die Ephraimstochter. Noch einmal an das Erwartbare denken, das so erschreckend undbehindernd sein kann. Ich bin kein Kind und mache mir die Welt mitnichten widdewiddewie sie mir gefällt. Ich bin schon groß und weiß, dass da mehr ist als Geld. Es gibt Sachen zu entdecken und Schätze zu teilen.
Elisabeth Keilmann-Stadtler leitet einen Gottesdienst, der keiner ist. Oder doch. Aber ... . Doch!
Bullshit-Bingo
Die Kirche muss wieder zu den Menschen gehen.
Wir müssen mehr raus.
Wir brauchen neue Formen.
Der Pfarreientwicklungsprozess nervt.
Und jetzt?
Eine Kollegin aus dem Nachbarbistum Paderborn und ich, wir haben unsere Adressen ausgetauscht und werden uns beizeiten treffen. Wir sind nicht unzufrieden. Wir sind auch nicht ratlos. Wir haben nur nicht alles im Griff. Unruhig sind wir
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